27. April 1945

 

1945_Plakat_media_wien

Am 5. April 1945 beginnt die "Schlacht um Wien", die bis zum 13. April dauern und insgesamt fast 40.000 Menschen das Leben kosten wird. Die westlichen Bezirke der Stadt werden bereits in den folgenden Tagen von russischen Verbänden besetzt. Der geplante militärische Aufstand unter Major Karl Biedermann scheitert. Die "Verräter" werden verhaftet und am 8. April am Floridsdorfer Spitz öffentlich aufgehängt.

Am 9. April 1945 findet im Palais Auersperg, das zu diesem Zeitpunkt noch im Niemandsland zwischen sowjetischen und deutschen Truppen liegt, die erste große Zusammenkunft österreichischer Widerstandskämpfer statt. Unter den Teilnehmern befindet sich auch eine Gruppe der illegalen Revolutionären Sozialisten unter Führung des späteren Bürgermeisters Felix Slavik.

Am 12. April 1945, als in der Leopoldstadt, der Brigittenau und in Floridsdorf immer noch gekämpft wird, treffen sich im Roten Salon des Rathauses sozialdemokratische Funktionäre, um die Wiedergründung der 1934 verbotenen Partei vorzubereiten.

Bereits am 14. April einigen sich die Vertreter der Revolutionären Sozialisten und die Repräsentanten des gemäßigten Flügels auf die Bildung einer neuen Partei mit dem Namen Sozialistische Partei Österreichs mit dem Zusatz "Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten". Adolf Schärf wird – zunächst provisorisch – mit dem Parteivorsitz betraut.

TF_Favoritenstrasse1945_PIDAm 20. April trifft Karl Renner in Wien ein, wo die drei wiederbegründeten Parteien im Wiener Rathaus bereits eine neue Stadtverwaltung gebildet haben. In der sowjetischen Kommandantur in der Kantgasse führt Renner ein erstes Gespräch mit Adolf Schärf; wenig später beginnen die Verhandlungen mit den Vertretern der drei Parteien über die Bildung einer provisorischen Regierung. Diese wird schließlich am 27. April unter dem Vorsitz Karl Renners gebildet und von der Sowjetunion anerkannt.

Renners wichtigste Aufgabe besteht nun darin, die Anerkennung seiner Regierung durch die Westmächte und die demokratischen Kräfte in den westlichen Bundesländern zu erlangen.
 
Russische_Polizistin_media_wien

Mitte September stimmt der Alliierte Rat, das gemeinsame Organ der vier Besatzungsmächte, einer "Länderkonferenz" zu, in der Vertreter aller Bundesländer mit der Provisorischen Regierung verhandeln sollen. Diese Konferenz tagt am 24. und 25. September in Wien; in der Folge wird die Regierung Renner als gesamtösterreichisch anerkannt und um Vertreter der westlichen Bundesländer erweitert.

Am 25 November finden die ersten Nationalratswahlen der Zweiten Republik – und die ersten freien Wahlen seit 1932 – statt. Die ÖVP erreicht 49,8% der Stimmen und 85 Mandate, die SPÖ 44,6% und 76 Mandate, die KPÖ nur 5,4% und 4 Mandate. Am 20. Dezember tritt die Provisorische Regierung zurück; Karl Renner wird durch die Bundesversammlung einstimmig zum Bundespräsidenten gewählt. Leopold Figl bildet eine Konzentrationsregierung aller drei im Parlament vertretenen Parteien. Vizekanzler wird Adolf Schärf, der am ersten ordentlichen Parteitag am 14. und 15. Dezember 1945 offiziell das Amt des Parteivorsitzenden übernommen hat.

Die Dreiparteienkoalition endet bereits im November 1947. Es beginnt die lange Zeit der Großen Koalition, des Wiederaufbaus und der zähen Verhandlungen um den Staatsvertrag. Nach Karl Renners Tod am 31. Dezember 1950 wird Theodor Körner Bundespräsident.

1955_Wahlplakat_VGA

Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 erhält Österreich seine volle Souveränität wieder.

Auf Theodor Körner folgt am 28. April 1957 Adolf Schärf. Neuer Parteivorsitzender der SPÖ wird Bruno Pittermann. 1958 gibt sich die SPÖ ein neues Parteiprogramm, das sich deutlich vom Linzer Programm aus dem Jahr 1926 und damit auch von den Grundsätzen des Austromarxismus distanziert.

Die letzten Jahre der Großen Koalition sind zunehmend von Streitigkeiten und immer größerer "Koalitionsmüdigkeit" gekennzeichnet. So etwa dauern die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Koalitionsregierung im Jahr 1963 bereits mehr als vier Monate.

Zu größeren Auseinandersetzungen kommt es im "Fall Habsburg" und wegen der Taufe eines Bodenseeschiffes ("Vorarlberg" versus "Karl Renner"). Die SPÖ wird außerdem vom "Fall Olah" schwer erschüttert.