Das Staatsgrundgesetz von 1867 und das Koalitionsgesetz von 1870 – beide eine direkte Folge der österreichischen Niederlage von 1866 im Krieg gegen Preußen und der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen und innenpolitischen Probleme – ermöglichen die Bildung von Interessensvereinigungen. Trotz weiterhin bestehender behördlicher Schikanen werden in den Folgejahren zahlreiche Gewerkschaftsvereine gebildet.
1873 gibt es in den heutigen österreichischen Bundesländern bereits 150 einschlägige Vereine mit etwa 52.000 Mitgliedern, davon etwa 70% in Wien. Die sicherste Organisationsform ist zunächst die des Arbeiterbildungsvereins. Aus den verschiedenen "Fachsektionen" dieser Vereine gehen schließlich die ersten wirklichen Gewerkschaftsvereine hervor, die bald wirtschaftliche und sozialpolitische Forderungen stellen – etwa die Einführung des Zehnstundentages, die Einschränkung der Kinder- und Frauenarbeit sowie der Nachtarbeitszeiten, und nicht zuletzt die Errichtung von Arbeiterkammern, von Fabriksinspektoraten und von eigenen Krankenkassen.
Während sich die politische Organisation der Arbeiter auf dem Parteitag von Hainfeld 1888/89 in Gestalt der Sozialdemokratie formiert, lässt die Gründung einer landesweiten Gewerkschaftsorganisation noch auf sich warten. Am 13. Oktober 1892 bilden schließlich 194 (davon 69 Wiener) "freie" sozialdemokratische Fachvereine die "Provisorische Kommission der Gewerkschaften Österreichs", die Urzelle des heutigen Gewerkschaftsbundes.
Ein Jahr später, vom 24. bis zum 27. Dezember 1893, hält die Gewerkschaftskommission ihren ersten Gewerkschaftstag ab. 69 Vereine aus Wien und 125 aus den Kronländern entsenden insgesamt 270 Delegierte.
Die "Freien Gewerkschaften", die mehr als zwei Drittel der organisierten Arbeitnehmer umfassen, zählen 1896 bereits etwa 133.000 Mitglieder, davon 5.000 Frauen. Die einzelnen Berufsgruppen sind unterschiedlich stark organisiert, die besten Organisationsstrukturen weisen Buchdrucker, Lithographen und Bauarbeiter auf.
Ab 1900 organisieren die Gewerkschaften zur Durchsetzung ihrer Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit mehrere große Streiks und schließen zunehmend Kollektivverträge (ohne gesetzliche Basis) ab, ihr Einfluss auf die Wirtschaftspolitik bleibt jedoch gering. Der Ausnahmezustand während des Ersten Weltkriegs erschwert die Tätigkeit der Gewerkschaften erheblich.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie erlebt die Gewerkschaftsbewegung allerdings einen gewaltigen Auftrieb: 1921 gibt es bereits 1,1 Millionen Mitglieder.