1926 begann der rechtsgerichtete "Österreichische Frontkämpferverband" in vielen Ortschaften des Burgenlandes Ortsgruppen zu gründen. Die Frontkämpfervereinigung bezog finanzielle und materielle Unterstützung – inklusive Waffen – von der ultrarechten ungarischen Horthy-Regierung. Gewalttätige Auseinandersetzungen waren also nur eine Frage der Zeit. Als die Frontkämpfer für den 30. Januar 1927 eine Versammlung in Schattendorf ankündigten, wollte die Bezirksführung des Republikanischen Schutzbundes diese neuerliche "Provokation" nicht hinnehmen und setzte für den selben Tag eine nicht angemeldete Schutzbundversammlung an.
Bereits im Laufe des Tages kommt es im Ort zu mehreren Schlägereien. Die hoffnungslos in der Minderheit befindlichen Frontkämpfer ziehen sich schließlich unter dem Geleitschutz von Gendarmen Richtung Mattersburg zurück. Am späteren Nachmittag marschieren die Schutzbundkolonnen triumphierend in den Ort zurück.
Als sie beim Gasthof Tscharmann vorbeikommen, in den sich die einheimischen Frontkämpfer versammelt haben, werden Drohrufe laut, dann fliegen Steine gegen das Haus. Von dort wird der "Angriff" mit Gewehrschüssen beantwortet. Dabei werden mehrere Personen z.T. erheblich verletzt – zwei Menschen sind jedoch sofort tot: Der kriegsinvalide Matthias Csmarits wird von einer Schrotladung in den Nacken getroffen, der siebenjährige Schüler Josef Grössing stirbt an einem Herzschuss. Das landesweite Echo auf die Schattendorfer Bluttat ist gewaltig.
In den meisten Fabriken Wiens kommt es zu Protestkundgebungen, in einigen Großbetrieben auch zu spontanen Streiks. Am 2. Februar 1927, dem Tag des Begräbnisses der beiden Opfer, wird in ganz Österreich ein 15 Minuten langer Generalstreik abgehalten.
Die Täter von Schattendorf werden im Wiener Justizpalast vor Gericht gestellt. Der Prozess findet bereits im Sommer 1927 statt und endet am Abend des 14. Juli nach 11 Verhandlungstagen mit dem völlig unerwarteten Freispruch der Beklagten.
Bereits in den Morgenstunden des nächsten Tages kommt es vor dem Justizpalast zu Demonstrationen sozialdemokratischer Arbeiter aus den Wiener Außenbezirken. Die Führung der Partei wird von den Ereignissen überrascht; Vorkehrungen für einen regulären Ablauf der Kundgebungen gibt es keine.
Nachdem die Demonstranten in der Nähe des Parlaments einen kleinen Trupp Polizisten verjagt haben, lässt Polizeipräsident Schober berittene Polizei mit blanken Säbeln gegen die Arbeiter vorgehen. Nun stürmt die aufgebrachte Menge den Justizpalast; Aktenberge werden in Brand gesetzt und bald schlagen Flammen aus dem Gebäude.
Eine Polizeiwache und das Redaktionsgebäude der christlichsozialen "Reichspost" gehen ebenfalls in Flammen auf. Nun eröffnen 600 bewaffnete Polizisten das Feuer auf die Menge. Zurück bleiben 89 Tote, darunter fünf Angehörige der Exekutive; mehr als 600 Personen werden schwer, mehr als tausend leicht verletzt.
Die Arbeiter protestieren gegen dieses Gemetzel mit einem eintägigen Generalstreik, die Eisenbahner streiken zwei Tage lang – ohne Erfolg. Im Parlament erklärt Bundeskanzler Ignaz Seipel: Verlangen Sie nichts vom Parlament und von der Regierung, was den Schuldigen gegenüber milde erscheint.
Der 15. Juli 1927 markiert den Anfang vom Ende der Ersten Republik.