1850 wurden die zwischen der heutigen (regulierten) Donau und dem Donaukanal gelegenen ehemaligen Vorstädte Leopoldstadt und Jägerzeile (mit dem Prater) sowie die Orte Brigittenau (bis 1900, seither 20. Bezirk), mit Teilen von Zwischenbrücken, und Kaisermühlen (bis 1938, seither Teil des 22. Bezirks ) eingemeindet und zum 2. Wiener Gemeindebezirk zusammengefasst. Der nach Kaiser Leopold I. benannte Bezirk umfasst 19,27 Quadratkilometer und etwa 105.000 Einwohner (2017).
Die Vorstadt, die ursprünglich um die Straßenzüge der heutigen Praterstraße (ehemalige "Jägerzeile") und der Taborstraße konzentriert war, erlebte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nach der Übergabe des Praters und des Augartens an die Öffentlichkeit, einen starken Bevölkerungszustrom. Bis zum Jahr 1918 verzeichnete die Leopoldstadt einen hohen Anteil an tschechischer Bevölkerung (1890 etwa 9%) und bis 1938 den mit Abstand höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil aller Wiener Bezirke ("Mazzesinsel", 1923: 38,5%). Heute hat die Leopoldstadt laut Volkszählung den dritthöchsten Ausländeranteil (19,6 %) nach dem 15. und dem 5. Bezirk.
An öffentlichen Einrichtungen sind v.a. das Spital der Barmherzigen Brüder, der Augarten mit der Porzellanmanufaktur, muth - der Konzerzsaal der Wiener Sängerknaben, der Prater mit dem an Stelle der Rotunde errichteten Gelände der Wiener Messe, dem Ernst-Happel-Stadion, dem Stadionbad, dem Ferry-Dusika-Radstadion und den Renn- und Sportplätzen (Galopprennbahn Freudenau und Golfplatz, Trabrennbahn Krieau etc.), der Bahnhof Praterstern, das Schifffahrtszentrum Wien, der Winterhafen, das in den Jahren 1992 bis 1998 errichtete Donaukraftwerk Freudenau, die an der Lassallestraße und am Donaukanal befindlichen großen Bürobauten (Bundesländer-Versicherung, OPEC-Gebäude, Raiffeisenhaus, Dianazentrum mit Bad, IBM-Zentrale, Bank-Austria-Verwaltungsgebäude etc.) zu erwähnen.
Im 2. Bezirk befinden sich auch einige wichtige Gemeindewohnhausanlagen der Ersten Republik sowie der 1960er bis 1980er Jahre (Lassallestraße, Vorgartenstraße, Engerthstraße etc.).
Die ersten Arbeiterbildungsvereine in der Leopoldstadt wurden 1867 gegründet. Meist waren es auch hier Gasthäuser, die den Arbeitern als regelmäßige Treffpunkte dienten. Das erste Lesezimmer eines Leopoldstädter Arbeiterbildungsvereins befand sich 1868 in der Kleinen Pfarrgasse 8; 1869 übersiedelte es in die Franzensbrückengasse 19.
Am 11.9.1892 entstand schließlich der "Sozialdemokratische Wahlverein Leopoldstadt", dem als Lokal zwei Zimmer in einem Gebäude hinter dem Nordbahnhof zur Verfügung standen. Bei den Wahlen des Jahres 1901 gelang es den Leopoldstädtern erstmals, ihren Kandidaten Wilhelm Ellenbogen in den Reichsrat zu entsenden. Nach und nach entwickelten sich auch in der Leopoldstadt Ortsgruppen des Verbandes Jugendlicher Arbeiter, der Kinderfreunde, der Naturfreunde, der Arbeiter-Radfahrer (Krummbaumgasse 2) und ein Frauenkomitee (in "Reims-Gasthaus" in der Heinestraße).
1912 bezog die Bezirksorganisation ihr neues Arbeiterheim in der Großen Mohrengasse 12 (heute befindet sich hier eine Wohnhausanlage der Gemeinde Wien). Das Bezirkssekretariat für die Untere Leopoldstadt befand sich bis 1934 in der Ybbsstraße 15 (dem heutigen Hermann-Fischer-Hof), jenes für die Obere Leopoldstadt in der Praterstraße 25 und 25a (heute Bildungszentrum).
In der Ersten Republik wurden auch in der Leopoldstadt zahlreiche neue Wohnungen errichtet. Einer der ersten Gemeindebauten Wiens war der 1923/24 errichtete Wachauerhof in der Vorgartenstraße.
Bis zum Jahr 1932 erhöhte sich die Mitgliederzahl der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Leopoldstadt auf 28.000, und die Sozialistische Arbeiterjugend-Leopoldstadt war die stärkste Bezirksgruppe Wiens.
Bezirksobmann war der 1933 freiwillig aus dem Leben geschiedene Hermann Fischer. Fischers Sekretärin war übrigens die Schwester des berühmten Regisseurs Otto Preminger. Als Bezirksvorsteher der Leopoldstadt wirkte von 1919 bis 1934 der 1883 in Brody (Ukraine) geborene und am 10.12.1938 unter nicht näher bekannten Umständen verstorbene Max Berdiczower.
1934 kam es in der heutigen Leopoldstadt zu keinen Kämpfen, da die meisten Leopoldstädter Schutzbündler bei der Verteidigung des Goethehofes in Kaisermühlen beteiligt waren. Widerstand gegen das austrofaschistische Regime äußerte sich in den folgenden Jahren auf vielfältige, und oftmals symbolische Weise: Einmal, so wird berichtet, gelang es, das Wasser des Dianabades rot zu färben, um der Bevölkerung zu zeigen, dass die Sozialdemokraten weiterhin aktiv waren.
Von der Judenverfolgung der NS-Zeit war die Leopoldstadt auf Grund ihres hohen jüdischen Bevölkerungsanteils besonders hart betroffen. In der sogenannten "Reichskristallnacht" (9./10.11.1938) wurden alle jüdischen Einrichtungen des Bezirks verwüstet oder gänzlich zerstört. Die zur Deportation bestimmten Menschen wurden in Sammellagern in der Malzgasse, der Kleinen Sperlgasse (Gedenktafel an der Schule) und der Castellezgasse konzentriert.
Im April 1945 waren die Leopoldstadt und die Brigittenau unmittelbares Kampfgebiet. In kaum einem anderen Bezirk haben der Faschismus und der Zweite Weltkrieg so viele Schäden hinterlassen und die Bevölkerungsstruktur so grundlegend geändert, wie in der Leopoldstadt.
Nach 1945 stand der neugegründeten SPÖ als erstes Sekretariat ein Lokal in der Rotensterngasse 31 zur Verfügung. Bei den ersten freien Wahlen erhielten die Sozialdemokraten im 2. Bezirk mehr als 57 Prozent.
Ab 1948 leitete Robert Uhlir die Bezirksorganisation Leopoldstadt, die 1957 ihr neues Sekretariat am Praterstern 1 beziehen konnte.
Von 1945 bis 2016 gehörten alle Bezirksvorsteher der Leopoldstadt der SPÖ an:
Hermann Nieser (1945)
Heinrich Hackenberg (1945)
Josef Vunetich (1945 bis 1946)
Emil Mayer (1946 bis 1949)
Hubert Hladej (1949 bis 1977)
Rudolf Bednar (1977 bis 1984)
Heinz Weißmann (1984 bis 1999)
Gerhard Kubik (1999 bis 2013)
Karlheinz Hora (2013 bis 2016)
Alexander Nikolai (seit 1.12.2020)
Bei der Bezirksvertretungswahl 2020 erhielt die SPÖ 35,3% und 23 Mandate (von 60 Mandaten), die Grünen 30,5% und 19 Mandate, die ÖVP 12,4% und 8 Mandate, die Neos 6,6% und 4 Mandate, die FPÖ 5% und 3 Mandate, Links 4,4% und 2 Mandate sowie HC 2,2% und 1 Mandat. Nach der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl von 2015 konnte die SPÖ den Bezirksvorsteher zurückholen.
Bezirksorganisation der SPÖ Leopoldstadt
2., Praterstern 1
Tel.: 214 23 10
Bezirksparteivorsitzender: Alexander Nikolai
Bezirksvorsteher: Alexander Nikolai
Literatur: Ruth Beckermann (Hrsg.), Die Mazzesinsel. Juden in der Wiener Leopoldstadt 1918-1938, 1992; Gertrude Brinek (Hrsg.), Leopoldstadt. Geschichten einer widersprüchlichen Liebe, 1999; Brigitte Galanda, Vorwärts und nicht vergessen, 1986; Klaus Hödl, Als Bettler in die Leopoldstadt: galizische Juden auf dem Weg nach Wien, 1994; Christine Klusacek, Leopoldstadt, 1978; Hans Pemmer, Der Prater: von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1974.