Praterstadion

2., Meiereistraße 7

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PQ

1927 erhielt der Arbeitersportverband ASKÖ den Zuschlag zur Ausrichtung der 2. Arbeiter-Olympiade. Die Gemeinde Wien entschloss sich daraufhin zum Bau eines repräsentativen Stadions. Der Grundstein für das Praterstadion wurde – sehr symbolträchtig – am 12. November 1928, dem zehnten Jahrestag der jungen Republik, gelegt. Und obwohl das Wiener Praterstadion von Anfang an als "Österreichisches Nationalstadion" konzipiert war, wollten die hitzigen Diskussionen um den Bau nicht verstummen. Einwände gab es v.a. von Seiten der Christlich-Sozialen Partei wegen der hohen Kosten von 7 Millionen Schilling und wegen des Standortes. Der Bau konnte deshalb erst am 11. Mai 1929 vom Gemeinderat beschlossen werden. Es war ein Prestigeprojekt des "Roten Wien", und Stadtrat Julius Tandler, der anlässlich dieses Beschlusses die bekannten Worte Wer Sportplätze baut, hilft Spitäler ersparen sprach, war sein wichtigster Promotor.

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Die nach Plänen des deutschen Architekten Otto Ernst Schweizer, der ursprünglich ein multifunktionales Sportzentrum mit Badeanlage, Radrennbahn, Freilichtbühne, Tennis- und Trainingsplätzen, Turnhallen, einer Sportschule mit Hörsälen und Bibliothek konzipiert hatte, in nur 23 Monaten errichtete Sportanlage wurde am 11. Juli 1931 mit einem Match der Arbeiterfußballer Wiens und Niederösterreichs eröffnet. Die Wiener Arbeiterkicker siegten 5:4; anschließend fanden die österreichischen Leichtathletik-Meisterschaften statt.

Die wirklich große Bewährungsprobe für das Wiener Praterstadion kam bereits eine Woche später. Das neue Stadion war Schauplatz der 2. Arbeiter-Olympiade, die vom 19. bis 26. Juli 1931 in Wien abgehalten wurde. Es war dies die größte Sportveranstaltung, die Wien jemals gesehen hat. Insgesamt nahmen daran etwa 25.000 Sportler aus 27 Ländern teil, darunter 1.533 Athleten aus Österreich.

Es gab Wettkämpfe in 18 Sportarten, und Österreich wurde mit 60 Goldmedaillen (Fußball, Männer-Handball, Wasserball, Tennis, alle Klassen im Gewichtheben, die Mehrzahl der Siege im Schwimmen, Paddeln, Jiu-Jitsu und Radfahren) die erfolgreichste Nation.

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Mit den Sportlern kamen auch etwa 100.000 Gäste nach Wien. Die Mehrzahl von ihnen war privat und gratis in sozialdemokratischen Familien oder in Lokalen sozialdemokratischer Organisationen untergebracht.

Die erste Veranstaltung des "bürgerlichen Sports" im Praterstadion war das legendäre Fußball-Länderspiel des "Wunderteams" gegen Deutschland am 13.9.1931, das 5:0 gewonnen wurde. Es war übrigens der letzte Erfolg über Deutschlands Fußballer bis zum 3:2 bei der Weltmeisterschaft von 1978 in Argentinien.

1932 fand erstmals im Anschluss an die Maikundgebung auf der Ringstraße ein Maifest im Praterstadion statt, mit dessen Durchführung wiederum der ASKÖ betraut war. Mehr als 6.000 Personen wirkten beim Festprogramm mit, neben zahlreichen Arbeitersportlern auch Gruppen der Naturfreunde, der Lehrlingssektion des Bundes Freier Gewerkschaften und des Republikanischen Schutzbundes.

Die Maikundgebung des nächsten Jahres wurde bereits verboten; die gesamte Innere Stadt war von starken Militäreinheiten und mit Stacheldrahtverhauen abgesperrt. Nur auf den Zufahrtsstraßen kam es zu vereinzelten Kundgebungen, die offiziell als "Spaziergänge" deklariert wurden. Nachmittags beim Sportlerfest im Stadion waren allerdings wieder etwa 10.000 Teilnehmer und 60.000 Zuschauer anwesend. Es sollte das letzte große Arbeitersportfest vor der Machtübernahme des Faschismus in Österreich werden.

Im Herbst 1939 diente das Praterstadion ganz anderen Zwecken. Nachdem die Wiener Gefängnisse bereits zum Bersten voll waren, internierte die SS etwa 1.000 vornehmlich jüdische Häftlinge für insgesamt drei Wochen im Stadion. Bevor man die Opfer in das Konzentrationslager Buchenwald und damit in den meisten Fällen in den Tod schickte, wurden sie von Anthropologen des Naturhistorischen Museums im Zuge ihrer "rassenbiologischen Untersuchungen" noch vermessen. Margit Berner, engagierte Anthropologin am Naturhistorischen Museum, entdeckte vor wenigen Jahren in den Sammlungen des Hauses menschliche Gipsmasken, Fotografien und Messbögen mit der Aufschrift "Juden Wiener Stadion 1939" und initiierte daraufhin ein Forschungsprojekt über dieses wenig bekannte Kapitel der Geschichte des Praterstadions. Im November 2003 wurde von Bürgermeister Michael Häupl eine Gedenktafel enthüllt, die an diese Ereignisse erinnern soll.

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In der Nachkriegszeit war das Stadion wieder Ort zahlreicher großer Sportveranstaltungen, darunter auch unvergessener Länderspiele. In den Jahren 1956 bis 1959 wurde das Stadion auf ein Fassungsvermögen von über 90.000 Personen erweitert, 1965 allerdings wieder etwas verkleinert.

1986 fand die Generalsanierung und Überdachung des Stadions, das seitdem den Namen Ernst-Happel-Stadion trägt, statt. Sein Fassungsvermögen beträgt nun 50.000 Sitzplätze und zusätzlich 19.000 Rasenplätze bei den äußerst populären Großkonzerten. Im Zuge der Vorbereitungen auf die Euro 2008 kam es auch im Ernst-Happel-Stadion zu umfangreichen Umbaumaßnahmen.