Februarkämpfe 1934

12.–15. Februar

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Montag 12. Februar 1934 

Frühmorgens: Polizei dringt in das Linzer Parteiheim Hotel "Schiff" ein. Die hier versammelten Schutzbündler setzen sich zur Wehr.

Am frühen Vormittag tritt der Parteivorstand in der Wohnung von Julius Deutschs Schwester in Gumpendorf zusammen und beschließt – mit nur einer Stimme Mehrheit – die Ausrufung des Generalstreiks und die Mobilisierung des Schutzbundes.

11 Uhr: Bundeskanzler und Regierung finden sich zu einem Festgottesdienst im Stephansdom ein.
11.15 Uhr: Das erste Todesopfer: Polizeiinspektor Josef Schiel wird in der Eisteichstraße in Simmering beim Versuch, den Arbeiter Franz Havlicek festzunehmen, von diesem erschossen.

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11.46 Uhr: In ganz Wien erlischen die Lampen. Die Arbeiter der E-Werke geben damit das verabredete Signal zum Generalstreik. Die Polizei wird in Alarmbereitschaft versetzt, die Innenstadt zerniert. Polizeivizepräsident Skubl fordert Militärassistenz an.

Der im Heeresministerium tagende Ministerrat beschließt umgehend die sofortige Auflösung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, aller sozialdemokratischen Vereine und der Freien Gewerkschaften, die Beschlagnahme ihrer Vermögen und die Sperre der Arbeiterbank.

Der Wiener Landtag und Gemeinderat wird aufgelöst, Bürgermeister und Stadtsenat ihrer Ämter enthoben.

13 Uhr: Als Polizei in die Wohnhausanlage Sandleiten eindringen will, kommt es zu ersten Kampfhandlungen. Die Gegenwehr zwingt die Angreifer vorerst zum Rückzug in den nahen Kongresspark, von wo aus sie die Wohnhäuser unter Maschinengewehrfeuer nehmen.

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Am frühen Nachmittag erscheint ein höherer Polizeifunktionär bei Bürgermeister Karl Seitz und erklärt, er habe den Auftrag, ihn zu verhaften. Seitz weist dies mit Hinweis auf seine Immunität als Abgeordneter zurück. Nach einer längeren Diskussion verlässt der Offizier das Bürgermeisterbüro.

14 Uhr: Die Regierung verkündet über Radio das Standrecht.

Im Reumannhof hält Schutzbundführer Sailer indessen den Tanzsaal besetzt, um die Verteilung der hier verborgenen Waffen zu sichern. Um 14 Uhr versucht ein Überfallskommando der Polizei das Kellerlokal zu stürmen; der Angriff wird zurückgeschlagen. Die Gefechte dauern den ganzen Nachmittag an; Meidlinger Schutzbündler unterstützen ihre eingeschlossenen Genossen vom Matzleinsdorfer Frachtenbahnhof aus.

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In Hietzing versammelt sich eine Gruppe Schutzbündler im Kinderfreundeheim am Goldmarkplatz. Als die Polizei davon erfährt, rückt sie gegen das Heim vor. Nach einem Schusswechsel wollen sich die Schutzbündler auf den Roten Berg zurückziehen. Bei der Flucht wird Franz Mück getroffen; als der Kommandant Karl Münichreiter zurück läuft, um zu helfen, wird er ebenfalls verwundet und gefangen genommen. Münichreiter wird auf einer Tragbahre in den Gerichtssaal gebracht, im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und drei Stunden später gehängt.

Am Nachmittag stellt die Polizei Posten um den Karl-Marx-Hof in Döbling auf und das Rathaus wird schließlich vom 4. Feldjägerbataillon besetzt.

In Simmering zieht sich die Polizei unterdessen aus allen Wachstuben zurück und verschanzt sich im Kommissariat in der Krausegasse.

In Ottakring brechen am Nachmittag Kämpfe um das Wachzimmer in der Panikengasse aus. Als dessen Besatzung gegen das Arbeiterheim vorgehen will, wird sie zurückgedrängt und gegen 17 Uhr im Wachzimmer eingeschlossen.

17 Uhr: Vor dem Sandleitenhof geht eine Batterie in Stellung. Gegen 18 Uhr verstummen die Waffen der Verteidiger. Die Angreifer wagen es in der Dunkelheit jedoch nicht, in den Hof vorzudringen.

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Gegen 19 Uhr tauchen zwei Panzerautos in Ottakring auf und nehmen die Barrikaden in der Kreitner- und Klausgasse unter Beschuss.

Ebenfalls gegen 19 Uhr kommt es bei der Barawitzkagasse und der Grinzinger Straße zu schweren Zusammenstößen. Wegen dieser Kämpfe wird Schutzbundführer Emil Swoboda am 15. Februar hingerichtet.

20 Uhr: Das Feldjägerbataillon 4 wartet auf den Befehl zum Sturm auf den Reumannhof. Plötzlich flammt das Licht auf: Der Generalstreik ist offenbar zusammengebrochen. Die Verteidiger ergeben sich.

Gegen 20 Uhr vertreibt der Schutzbund die Polizei vorübergehend aus dem Wachzimmer am Bahnhof Heiligenstadt. Der Bahnverkehr auf der Franz-Josefs-Bahn wird unterbrochen.

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Um 23 Uhr rückt das motorisierte Infanterieregiment Nr. 3 in Ottakring an. Gebirgskanonen werden in Stellung gebracht.

Etwa zur gleichen Zeit rückt der Heimatschutz unter Hauptmann Biedermann vor dem Karl-Marx-Hof an und nimmt den "Blauen Bogen" unter Beschuss. Ein erster Angriff wird zurückgeschlagen.

23.30 Uhr: Der Artilleriebeschuss des Arbeiterheims Ottakring beginnt.

Am späten Abend werden Bürgermeister Seitz und die anwesenden Stadträte festgenommen. Auch in anderen Bezirken laufen Verhaftungswellen an.

 

Dienstag, 13. Februar 1934 

1 Uhr früh: Vizekanzler Fey überzeugt sich persönlich vom Militäreinsatz in Ottakring.

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Etwa zur gleichen Zeit eröffnen Haubitzen einer Gebirgskanonenbatterie das Feuer auf den Karl-Marx-Hof.

3 Uhr früh: Bürgermeister Seitz wird unter wilden Beschimpfungen durch Heimwehrleute aus seinem Büro herausgeschleift und ins Polizeigefangenenhaus an der Elisabethpromenade gebracht.

4 Uhr früh: Das Feuer in Ottakring wird eingestellt (und am Morgen wieder aufgenommen). Zur selben Zeit erscheint Fey beim Karl-Marx-Hof und verfügt, dass der Hof mit Artillerie sturmreif geschossen werden solle.

In den frühen Morgenstunden stoßen die Angreifer im Sandleitenhof nur noch auf die verängstigten Bewohner.

Um 6.30 besetzen Schutzbündler das Wachzimmer Großjedlersdorf. Die Polizei stößt gegen den Straßenbahnhof vor, wird jedoch zurückgeschlagen. Die Hauptfeuerwache wird hingegen im Handstreich genommen. Der dortige Kommandant Georg Weissel wird verhaftet und am übernächsten Tag hingerichtet.

Um 7.50 fährt ein Panzerzug vor der Philadelphiabrücke auf und vertreibt die hier versammelten Schutzbündler. Etwa zur gleichen Zeit schlagen die Arbeiter die vom Gürtel anrückende Heimwehr zurück.

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In Simmering unternimmt die Exekutive am Morgen einen Ausfall gegen den Högerhof, den Hauptstützpunkt des Schutzbundes im Bezirk. Als sie zurückgeschlagen wird, erscheint auch hier das Militär.

Mit Artillerie und Minenwerfern, unterstützt durch Panzerzüge auf der Ostbahn, werden der Widholzhof, der Engelshof und der Kleinhof sturmreif geschossen.

Um 9.45 trifft die Artillerie den "Blauen Bogen" des Karl-Marx-Hofes; es folgt ein Sturmangriff, der vorerst jedoch zurückgeschlagen werden kann. Die Kämpfe dauern den ganzen Vormittag an.

Am Vormittag erscheint der Vizekanzler erneut in Ottakring. Auf seinen Befehl hin stürmt Militär das Arbeiterheim. Im Inneren des furchtbar zerstörten Gebäudes befinden sich allerdings keine "Aufrührer" mehr. Man findet die schwer verletzte Ida Sever, die kurz nach ihrer Einlieferung ins Spital stirbt, und eine zweite, bereits tote Frau.

Die Exekutive geht nun auch zum Angriff auf die im Schlachthaus des Zentralviehmarktes St. Marx verbarrikadierten Schutzbündler über. Gleichzeitig wird der Rabenhof beschossen und kurz darauf besetzt. Als beim Schlachthaus ein Panzerwagen auftaucht, ziehen sich die Verteidiger ins Erdberger Mais zurück.

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Gegen Mittag müssen die Panzerautos und Kanonen vom Karl-Marx-Hof nach Floridsdorf abgezogen werden. Die Angreifer ziehen sich aus dem halbzerstörten Gebäude vorerst wieder zurück und beginnen mit der "Säuberung" der umliegenden Gemeindebauten, deren Verteidiger in die nahen Schrebergärten flüchten.

Mittags taucht Militär in Meidling auf und erstürmt die Gemeindebauten am Gaudenzdorfer Gürtel.

Gegen 13 Uhr dringen Soldaten in den Schlingerhof ein.

Am Nachmittag dieses Tages schießt die Exekutive den Wildganshof mit MG-Feuer und Handgranaten sturmreif, nachdem ein Soldat durch einen Schuss aus dem Gebäude verletzt wurde.

In Favoriten kommt es auch an diesem Tag zu keinen nennenswerten Kampfhandlungen. Otto Bauer und wenig später auch Julius Deutsch gelingt die Flucht aus dem Ahornhof.

Gegen 16.30 ergeben sich die Verteidiger des Schlingerhofs. Die Heimwehr feuert in den Abtransport der Gefangenen; es gibt mehrere Tote.

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Mittwoch, 14. Februar 

In der Nacht ziehen frische Truppen aus Korneuburg beim Karl-Marx-Hof auf, wagen aber vorerst keinen Angriff.

Am Morgen ergibt sich der Högerhof in Simmering nach schwerem Beschuss.

Nach massivem Zuzug neuer Truppen werden im Laufe des Vormittags auch die übrigen Kampfplätze in Floridsdorf – der FAC-Hof, der Bahnhof und der Straßenbahnhof – eingenommen.

Gegen 12.45 beginnt der Artilleriebeschuss des Goethehofs in Kaisermühlen.


Donnerstag, 15. Februar

Als die Polizei um 8 Uhr früh in den Goethehof eindringt, haben die Verteidiger diesen bereits verlassen.

Militär in überwältigender Stärke marschiert beim Karl-Marx-Hof auf. Das Artilleriefeuer beginnt von neuem. Schließlich ergeben sich die letzten Verteidiger. Um 14.30 besetzt die Exekutive den Hof.

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Die Kämpfe sind zu Ende, die Regierung ist "Herr der Lage".

Nach offiziellen Angaben haben die Kämpfe in ganz Österreich 118 Tote und 486 Verwundete auf Regierungsseite sowie 196 Tote und 319 Verwundete auf der Gegenseite gefordert.

Neun Schutzbündler werden hingerichtet, mehr als 1.200 Menschen eingekerkert.

Unter www.12.Februar1934.at findet sich eine Interaktive Karte der Geschehnisse des Bürgerkriegs für Wien, Linz und Oberösterreich, zusamengestellt vom Marie Jahoda - Otto Bauer Institut.