Sever, Albert

24.11.1867, Agram/Zagreb (Kroatien) – 12.2.1942, Wien

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Nach dem Tod des kroatischen Vaters übersiedelte Albert Severs Mutter mit ihrem einzigen Kind nach Wien. Hier erlernte der junge Sever zunächst das Fleischhauergewerbe und arbeitete später in einer Buntpapierfabrik. Die politische Laufbahn Severs begann in dem von Franz Schuhmeier geleiteten und als Raucherklub getarnten politischen Verein "Apollo"; während Schuhmeier als glänzender Redner und Agitator reüssierte, galt Sever als begabter Organisator. Gemeinsam entwickelten sie das im Prinzip bis heute gültige System der Vertrauenspersonen und der Gliederung der Partei in Sektionen, und schufen damit die organisatorischen Grundlagen einer modernen Massenpartei.

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1908 wurde der seit 1894 als Krankenkassenbeamter tätige Sever in den niederösterreichischen Landtag, 1911 in den Reichsrat gewählt. 1913 übernahm er als Nachfolger seines ermordeten Freundes Schuhmeier die Funktion des Bezirksobmanns der Ottakringer Sozialdemokraten, der zum damaligen Zeitpunkt stärksten Parteiorganisation Wiens.

Als die Sozialdemokraten bei der Wahl des niederösterreichischen Landtages am 4. Mai 1919 die absolute Mehrheit erhielten, wurde Albert Sever zum ersten demokratisch legitimierten Landeshauptmann Niederösterreichs gewählt. Ein Amt, das er bis zum 10. November 1920, dem Tag des Inkrafttretens der Bundesverfassung, die die Abtrennung Wiens von Niederösterreich einleitete, beibehielt.

In der Folge konzentrierte sich Sever auf die Parteiarbeit in Ottakring, gehörte aber bis zuletzt auch dem im März 1933 de facto aufgelösten Nationalrat an.

Besonders populär und gleichzeitig heftig umstritten war Sever durch eine Verordnung, die geschiedenen Personen, denen nach den Grundsätzen der katholischen Kirche eine neuerliche Verehelichung verboten war, aufgrund eines einfach zu erlangenden Dispenses des Landeshauptmanns die Wiederverheiratung ermöglichte.

TF_Sever_Oktober1934_VGA9Durch diese sogenannten "Sever-Ehen" konnten Tausende "wilde" Ehen in reguläre umgewandelt werden. Da sich Verfassungsgerichtshof und Oberster Gerichtshof in dieser Frage nicht einigen konnten, blieben die "Sever-Ehen" auch später aufrecht. Wegen seiner Vorgangsweise wurde Sever von klerikalen Kreisen allerdings mit besonderer Gehässigkeit verfolgt; in der Arbeiterbewegung gewann er jedoch außergewöhnliche Autorität.
 
Am 13. Februar 1934 wurde Albert Severs Frau Ida bei der Beschießung des Ottakringer Arbeiterheimes getötet, er selbst wurde verhaftet. Danach war Albert Sever ein gebrochener Mann, der das Ende des Faschismus nicht mehr erleben sollte.
 
Die in den Jahren 1930/31 nach Plänen von Alexander Popp errichtete Wohnhausanlage, 16., Maroltingergasse 56-58, trägt seit 1949 den Namen Severhof. In Floridsdorf wurde die Albert-Sever-Straße nach ihm benannt, in Ottakring der 1959 eröffnete Albert-Sever-Saal, Schuhmeierplatz 17-18.

Literatur: Albert Sever. Ein Mann aus dem Volk, 1956; Ulrike Harmat, Ehe auf Widerruf?, 1999.