Der an der alten Römerstraße nach Ungarn gelegene Vorort Simmering wurde 1890/92 unter Einbeziehung von Kaiserebersdorf und Teilen des Ortes Albern eingemeindet; 1955 kam Albern (seit 1938 beim 23. Bezirk Schwechat, 1954/55 vorübergehend beim 2. Bezirk) mit dem Donauhafen endgültig und zur Gänze zu Simmering. Der heutige 11. Gemeindebezirk von Wien umfasst 23,27 km2 und zählt etwa 103.000 Einwohner (2019).
Simmering ist einerseits durch die Gemüsekulturen und Kleinsiedlungen mit vorwiegend ländlichem Charakter in der Simmeringer Haide geprägt, andererseits erfuhr der Bezirk seit Ende des 19. Jahrhunderts eine starke Industrialisierung (Maschinen- und Waggonfabrik AG, seit 1851, später SGP, heute Siemens-Verkehrstechnik; Hefe- und Malzfabrik Mautner Markhof 1865; Werkstätte der Staatseisenbahnen 1873, später ÖBB-Hauptwerkstätte; Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft 1877, später Unilever), in deren Gefolge auch zahlreiche kommunale Versorgungsbetriebe auf der Simmeringer Haide errichtet wurden, so z.B. die Zentralwerkstätte der Wiener Verkehrsbetriebe, die Entsorgungsbetriebe Simmering (Hauptkläranlage Wiens und Sonderabfallbehandlung), oder die Wiener Gas- (1899) und E-Werke (1902). Gab es im Jahr 1832 erst 3.732 Einwohner, so verzehnfachte sich diese Zahl bis 1902 durch massive Zuwanderung aus allen Kronländern auf über 37.000.
Die früheren, 1981 unter Denkmalschutz gestellten und 1985/86 geschlossenen Gasbehälter Simmering sind heute ein industriegeschichtliches Denkmal, das seit 1999 zu einem neuem Bezirksteil mit Wohnungen, Geschäfts- und Veranstaltungszentrum umgebaut wurde.
Geprägt wurde der Bezirk auch durch die Errichtung des Wiener Zentralfriedhofs (1874), eines der größten Friedhöfe Europas, und des in den Jahren 1921 bis 1923 von Clemens Holzmeister auf den Gründen des ehemaligen kaiserlichen Jagdschlosses "Neugebäude" errichteten Krematoriums. In Simmering befinden sich außerdem der Zentralverschiebebahnhof Kledering und der Wiener Hafen Albern.
An kommunalen Wohnbauten sind u.a. der Friedrich-Engels-Hof (1925/26), der Karl-Höger-Hof (1925/26), die kleine, aber überaus sehenswerte Siedlung Weißenböckstraße (1923/1928) oder das Stadtentwicklungsgebiet Leberberg (seit 1994) zu erwähnen.
Das erste Lesezimmer eines Arbeiterbildungsvereins in Simmering wurde bereits 1868 in Schreindorfers Gasthaus, Simmeringer Hauptstraße 3, eingerichtet. Nach den Wirren der siebziger und achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurde der "Arbeiter-Bildungsverein Simmering", aus dem später der sozialdemokratische Wahlverein hervorging, am 22. Juni 1890 in Pfahlers Gasthaus, Simmeringer Hauptstraße 42, neu gegründet. Im selben Jahr konstituierte sich der erste "Arbeiter-Consum- und Sparverein" des Bezirks, und wenige Jahre später wurde in der Felsgasse 5 auch das erste Geschäftslokal errichtet. 1895 entstand aus der Gesangssektion des Bildungsvereins der Arbeiter-Sängerbund "Stahlklang", der im kulturellen Leben des Bezirks eine große Rolle spielen sollte.
Die starke tschechische Minderheit Simmerings hatte ihre eigenen, der Sozialdemokratie nahestehenden Vereine: Am 21.2.1875 wurde der Bildungs- und Unterhaltungsverein "Tyl" gegründet; und im Gasthaus Schwagerka in der Kopalgasse 5 befand sich der Sitz des tschechischen Arbeitervereins. Das erste sozialdemokratische Direktmandat zum Reichsrat wurde 1907 von Laurenz Widholz in Simmering erkämpft; 1912 errang Florian Hedorfer das erste Gemeinderatsmandat für die Simmeringer Sozialdemokraten.
Über die Grenzen des Bezirks hinaus waren die Simmeringer Arbeiterdichter Karl Kaniak, Johann Spissak und v.a. Theodor Meidl bekannt, die die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen in Gedichten und Liedtexten beschrieben.
In der kommunalen Aufbauphase der Ersten Republik entstanden in Simmering 2.774 Gemeindewohnungen. Eine weitere Errungenschaft des "Roten Wien" war auch der in den Jahren 1928/29 angelegte Herderpark, damals die größte Gartenanlage im Süden Wiens.
Im Rahmen der Märzgänge anlässlich des Jahrestags der 1848er-Revolution am 13. März sowie am Todestag Victor Adlers am 11. November war Simmering alljährlich das Ziel großer sozialdemokratischer Kundgebungen, bei denen tausende Arbeiter über die Simmeringer Hauptstraße zum Zentralfriedhof zogen.
Das Arbeiterheim Simmering, in dem auch das Bezirkssekretariat untergebracht war, befand sich in der Ersten Republik in der Drischützgasse 4. Am 16. Oktober 1932 kam es hier zu einem folgenschweren Zwischenfall. Die Wiener Nationalsozialisten führten an diesem Tag einen Propagandaaufmarsch in Simmering durch, der mit einer Kundgebung im Brauhaus endete. Von hier zog eine Gruppe bewaffneter Nazis zum Arbeiterheim und griff es an. Da es bereits im Vorfeld Gerüchte über einen geplanten Angriff gegeben hatte, war das Gebäude von einer Kompanie des Republikanischen Schutzbundes besetzt, die das Feuer erwiderte.
16 Schutzbündler wurden vor Gericht gestellt und zunächst freigesprochen; allerdings kamen 11 der Angeklagten erst nach der Bestätigung des Urteils durch den Obersten Gerichtshof im Mai 1933 tatsächlich frei. Die restlichen fünf Freisprüche wurden aufgehoben und die Angeklagten in einer neuerlichen Verhandlung am 5. Dezember 1933 zu sieben bzw. neun Monaten schweren Kerkers verurteilt. Emil Fajfrzik, der beim Überfall auf das Arbeiterheim schwer verwundet worden war, starb 1937 an den Spätfolgen dieser Verletzungen.
Während der Zeit des Austrofaschismus waren zahlreiche Sozialisten im damaligen Simmeringer Polizeikommissariat in der Krausegasse 14 inhaftiert, unter ihnen auch der damalige Jugendfunktionär Bruno Kreisky, der 1933 nach einer Kundgebung vor dem Zentralfriedhof festgenommen wurde (Gedenktafel).
Bereits kurz nach Kriegsende wurde der SPÖ das ehemalige Arbeiterheim in der Drischützgasse, das ab 1934 von der "Vaterländischen Front" und später von den Nationalsozialisten für Wohnzwecke verwendet worden war, zurückerstattet. Eduard Pantucek wurde von der russischen Ortskommandantur als Bezirksvorsteher eingesetzt; er war damit der einzige sozialistische Bezirksvorsteher, der dieses Amt vor 1934 und nach 1945 ausübte. Bereits im Sommer 1945 folgte ihm allerdings der jüngere Max Wopenka nach.
Da das Bezirkssekretariat bald zu klein war, zog die Partei 1947 in das Haus Simmeringer Hauptstraße 80 (bis 1982) um, die SJ blieb im ehemaligen Parteiheim. Seit 1982 befindet sich das Bezirkssekretariat der SPÖ Simmering in der Simmeringer Hauptstraße 96a.
Von 1945 bis 2015 gehörten sämtliche Bezirksvorsteher des 11. Bezirks der SPÖ an, danach erst wieder ab 2020:
Eduard Pantucek (1945)
Max Wopenka (1945 bis 1952)
Josef Haas (1952 bis 1964)
Wilhelm Weber (1964 bis 1973)
Johann Paulas (1973 bis 1980)
Otto Mraz (1980 bis 1989)
Franz Haas (1989 bis 2001)
Otmar Brix (2001 bis 2003)
Renate Angerer (2003 bis 2014)
Eva-Maria Hatzl (2014 bis 2015)
Thomas Steinhart (seit 30.11.2020)
Bei der Bezirksvertretungswahl 2020 erhielten die SPÖ 41,4% und 26 Mandate (von 60 Mandaten), die FPÖ 28,4% und 18 Mandate, die ÖVP 11,3% und 7 Mandate, die Grünen 6,7% und 4 Mandate, die Neos 3,5% und 2 Mandate, HC 2,9% und 1 Mandat, Bier 2,3% und 1 Mandat sowie SÖZ 2,1% und 1 Mandat. Die SPÖ konnte nach der Wahl 2015 den Bezirksvorsteher zurückgewinnen.
Bezirksorganisation der SPÖ Simmering
11., Simmeringer Hauptstraße 96a
Tel.: 749 05 41
Bezirksparteivorsitzender: Rudi Kaske
Bezirksvorsteher: Thomas Steinhart
Literatur: Daniela Auer, Der 11. Wiener Gemeindebezirk. Eine Analyse der Industriestruktur und Industrienentwicklung, 1990; Felix Czeike, XI. Simmering, 1980; Helga Klier, Gasometer Simmering, 1996; Christine Klusacek, Simmering: von der Had zum Monte Laa, 1997; Christine Lapp und Harald Troch, Verliebt in Simmering, 1998.