Die insgesamt 382 während der Ersten Republik errichteten Gemeindebauten wurden von nicht weniger als 199 verschiedenen Architekten geplant.
Stilistisch entstand zwar kein eigener "proletarischer Architekturkanon", es gab allerdings eine klare Absage an die "Verlogenheit" der Scheinfassaden an den Zinshäusern der Jahrhundertwende.
(Neo)klassizistische und historistische Einflüsse sind deshalb ebenso zu finden, wie solche des Wiener Sezessionismus, des "nordischen" Jugenstils und des sogenannten "Heimat(schutz)stils"; daneben sind aber auch die "Neue Sachlichkeit" und der Konstruktivismus vertreten. Trotz dieser individuellen und auch zeitbedingt "modischen" Unterschiede setzte sich ein unverkennbarer Stil durch; man erkennt die Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit zumeist "auf den ersten Blick".
Unterschiedlich stark gestaltete sich auch die Durchdringung der verschiedenen Wiener Bezirke. Während in der "Wiege der Arbeiterbewegung", in Mariahilf, nur ein einziger Gemeindebau aus der Ersten Republik zu finden ist, und auch in den Bezirken 7 und 8 nur wenige Baulückenverbauungen durchgeführt werden konnten, weisen der 5. und der benachbarte 12. Bezirk – bedingt durch bedeutende Grundstücksankäufe entlang des heutigen Gürtels – eine weit über die Größe und Bedeutung dieser Bezirke hinausgehende Dichte an kommunalen "Superblocks" auf.
Abschließend sei noch vermerkt, dass während der Ersten Republik in der Inneren Stadt kein einziger Gemeindewohnbau errichtet wurde, und dass der heutige 23. Bezirk hier unerwähnt bleibt, da Liesing erst seit 1938 bzw. 1954 zu Wien gehört.
Aus der umfangreichen Literatur über die kommunalen Wohnbauten Wiens seien die beiden Werke von Hans und Rudolf Hautmann (1980) sowie von Helmut Weihsmann (1985/2002) hervorgehoben, die eine ins Detail gehende und sämtliche Bauten umfassende Darstellung bieten.
Einen hervorragenden Überblick über die Leistungen des "Roten Wien" bietet auch das im Falter-Verlag erschienene Buch "Rotes Wien" von Inge Podbrecky (2003) mit Spaziergängen durch Margareten, Favoriten, die Schmelz, den Karl-Marx-Hof und die Werkbundsiedlung.
Besonders schön ist der Fotoband mit 377 Abbildungen und erklärenden Texten in deutsch, englisch, italienisch und französisch, den Walter Zednicek 2009 veröffentlicht hat: "Architektur des Roten Wien" ist im Eigenverlag erschienen.
Der umfangreiche Bildteil umfasst, neben Plakaten und Bauplänen aus der Zeit, Fotos der interessantesten Bauten des "Roten Wien", nach Bezirken geordnet, vorwiegend Gemeindebauten, aber auch Bäder, Schulen und andere sogenannte Nutzbauten.
Ebenfalls ein Standardwerk in der Literatur und seit 2014 auch in Deutsch erhältlich ist der Prachtband "Rotes Wien: Architektur 1919-1934: Stadt – Raum – Politik" von Harvard-Professorin Eve Blau mit über 300 Abbildungen, erschienen im Ambra Verlag.
Literatur: Erich Bramhas, Der Wiener Gemeindebau. Vom Karl-Marx-Hof zum Hundertwasserhaus, 1987. Hans und Rudolf Hautmann, Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919–1934, 1980; Karl Honey, Die Wohnungspolitik der Gemeinde Wien, 1926; Albert Lichtblau, Wiener Wohnungspolitik 1892–1919, 1984; Inge Podbrecky, Rotes Wien, 2003; Ursula Schwarz, Die Benennung der Wiener Gemeindebauten von 1919-1945, 1992; dies., Die Benennung der Wiener Gemeindebauten von 1945-1993, 1995; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934, 1985/2002; Walter Zednicek, Architektur des Roten Wien, 2009; Eve Blau, Rotes Wien: Architektur 1919-1934, 2014.