Wie Adolf Loos und Josef Hoffmann besuchte Hubert Gessner die Höhere Staatsgewerbeschule in Brünn und studierte ab 1894 bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
In den Jahren 1898/99 war Gessner in dessen Büro als Architekt tätig und wurde dabei mit dem Bau von Arbeiterwohnheimen vertraut.
Zu Beginn des Jahrhunderts arbeitete Gessner eng mit seinem Bruder Franz Gessner zusammen; nach 1918 wurde er zu einem der führenden Architekten des kommunalen Wohnbaus der Gemeinde Wien.
Richtungsweisend wurde Gessners in den Jahren 1923/24 realisierte Erweiterung des Metzleinstaler Hofes, 5., Margaretengürtel 90-98, dessen erster Bauabschnitt noch während des Ersten Weltkrieges von Robert Kalesa entworfen worden war.
Gessner schuf eine innenliegende Gartenfläche und vereinigte mit dem neuartigen "Hof-Prinzip" mehrere urbane Elemente, die bis dahin streng getrennt waren – also Gebäude, Straße, Garten und Plaz – zu einem halböffentlichen Raum.
Die Ausstattung der Wohnhausanlage mit Zentralwäscherei, Badeanlagen, Bücherei und Kindergarten wurde zum Standard für alle weiteren "Volkswohnpalast"-Bauten, und das gesamte Projekt zum propagandistischen Zugpferd des sozialdemokratischen Kommunalwahlkampfes im Jahr 1923.
Der ebenfalls von Hubert Gessner entworfene und unmittelbar benachbarte Reumannhof, 5., Margaretengürtel 100-110, sollte die Perle dieses als "Ringstraße des Proletariats" apostrophierten Gürtelabschnitts werden.
Gessner schwebte ein von zwei Blöcken umrahmtes Hochhaus vor – realisiert wurde schließlich eine Sparvariante. Dennoch stellt der Bau ein Musterbeispiel der monumental-pompösen Spielart des kommunalen Wohnbaus der Ersten Republik dar, vergleichbar mit dem Karl-Marx-Hof oder dem Karl-Seitz-Hof.
Letzterer, ebenfalls ein Werk Gessners, bildet mit seiner neo barocken Konfiguration, dem großen halbrunden Ehrenplatz und dem mächtigen Uhrturm einen der Höhepunkte des Gemeindebauwesens im "Roten Wien" – eine nahezu autarke "Stadt in der Stadt" mit zahlreichen Geschäften, Straßen und Plätzen, einem Kindergarten, einem Veranstaltungssaal usw.
In Wien schuf Hubert Gessner außerdem noch das Arbeiterheim Favoriten (1900–02), das Druckerei- und Verlagsgebäude Vorwärts (1909/10), die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (1910–12), das Eisenbahnerheim (1912/13), den Lassallehof (1924–26), den Heizmannhof (1925/26) sowie die während des Zweiten Weltkrieges beschädigte Augartenbrücke (1929–31). Sehenswert ist auch die 1907 von Hubert und Franz Gessner entworfene Villa Gessner, 18., Sternwartestraße 70.
1926 enthüllt wurde das von Gessner geschaffene Ehrengrab für Victor Adler und Engelbert Pernerstorfer am Wiener Zentralfriedhof. Später wurden hier auch Friedrich Adler, Otto Bauer und 1950 – auf persönlichen Wunsch – Karl Seitz beigesetzt.
Nach der Niederschlagung der Sozialdemokratie im Februar 1934 erhielt Hubert Gessner, der mit Victor Adler persönlich befreundet war, keine größeren Bauaufträge mehr und wurde nach dem "Anschluss" 1938 von den Nationalsozialisten zeitweise mit Berufsverbot belegt.
2011/12 zeigte der Waschsalon Karl-Marx-Hof eine Ausstellung über "Hubert Gessner. Architekt der Arbeiterbewegung". Zeitgleich publizierte Markus Kristan seine Monographie "Hubert Gessner. Architekt zwischen Kaiserreich und Sozialdemokratie 1871-1943". Gessners Gebäude an der "Ringstraße des Proletariats" waren auch Teil der gleichnamigen Ausstellung im Waschsalon 2015.
Literatur: Markus Kristan, Hubert Gessner. Architekt zwischen Kaiserreich und Sozialdemokratie 1871-1943, 2011.