Feuerwehr (Wiener Berufsfeuerwehr)

MA 68 - Feuerwehr und Katastrophenschutz

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Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts versuchte man in Wien, das durch häufig wiederkehrende Brandkatastrophen immer wieder schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, den Brandgefahren durch eine Löschverpflichtung der Gewerbsleute zu begegnen. Um diese Zeit wurden auch die ersten "Feuerordnungen" erlassen. Seit 1527 ist überdies der Türmer zu Sankt Stephan belegt, der den Auftrag hatte, bei Erkennen eines Feuers mit einer roten Fahne (bei Tag) oder einer beleuchteten Laterne (nachts) die Richtung anzugeben. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu einer Zentralisierung der vorhandenen Löschgeräte und zur Anstellung eines ständigen Löschpersonals.

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Die Erfahrungen, die der damalige Stadtunterkämmerer Georg Altschaffer während der Türkenbelagerung von 1683 gewonnen hatte, veranlassten ihn zwei Jahre später, dem Stadtrat vorzuschlagen, das Unterkammeramt (Stadtbauamt) in ein Gebäude neben dem Zeughaus Am Hof zu verlegen.

Das neue Quartier war bereits 1686 fertiggestellt. Zur Bedienung und Überprüfung der Geräte wurden vier Feuerknechte angestellt, die gleichsam die erste ständige, noch nicht uniformierte Löschmannschaft darstellten, die von der Stadt mit zwei Gulden Wochenlohn besoldet wurde.

Das Jahr 1686 gilt somit als Gründungsjahr der Wiener Berufsfeuerwehr – die damit die älteste bestehende Berufsfeuerwehr der Welt ist.

1688 erließ Kaiser Leopold I. eine neue Feuerlöschordnung, in der im besonderen auf die Kontrolle der Rauchfänge hingewiesen wurde. Außerdem schaffte der Kaiser für die Hofburg zwei Feuerspritzen an, die auch der Stadt zur Verfügung standen.

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Im 18. Jahrhundert kam es zwar weiterhin zu sehr vielen Bränden, allerdings blieben diese zumeist auf einzelne Objekte beschränkt und breiteten sich nicht mehr auf ganze Stadtteile aus. Von Großbränden betroffen waren allerdings die Vorstädte, weshalb das Unterkammeramt sich eine eigene Feuerspritze samt Wasserwagen für sogenannte "Landfeuer" hielt. 

1759 erließ Kaiserin Maria Theresia eine neue umfangreiche Feuerlöschordnung. Das Personal wurde vermehrt und war nun dauerhaft angestellt. Durch die Zuerkennung der "Stadt-Livree" an die Feuerknechte wurde 1786 die Uniformierung der Löschmannschaften eingeleitet. Die Uniform bestand aus einem langen weißen Zwilchrock, einer weißen Zwilchhose (Zwilch= doppelfädiges Leinengewebe, meist mit Mustern) und einem schwarzen Zylinder mit dem Stadtwappen und wurde bis 1854 getragen.

Das 19. Jahrhundert und hier v.a. die ab 1857 einsetzende Stadterweiterung brachte die endgültige Organisation der Wiener Berufsfeuerwehr, die nun auch die ersten Filialen in den heutigen Bezirken zwei bis neun errichtete. Das Löschpersonal wurde verdoppelt und zählte nun 216 Männer.

Das Zeitalter der Erfindungen brachte außerdem eine Reihe technischer Neuerungen, wie etwa die ersten Hydranten (1850), die ersten Dampfspritzen und Rettungsschläuche (1878), die Einführung des Sprungtuches, das beim Brand eines Tanzlokales beim Tabor am 4. März 1878 erstmals zum Einsatz kam, und die Inbetriebnahme der ersten fahrbaren zweirädrigen Schiebeleiter ("Wiener Leiter", 1883).

Nach dem verheerenden Brand des Ringtheaters am 8. Dezember 1881 mit 386 Toten, bei dem eine Reihe von organisatorischen und sicherheitstechnischen Mängel zu Tage kamen, wurden die Beratungen über den Entwurf einer neuen Feuerpolizeiordnung beschleunigt, und am 9. Mai 1884 konnte das neue Organisationsstatut der Feuerwehr der Stadt Wien erlassen werden, die mit Franz Zier nun auch einen eigenen Kommandanten erhielt.

Bereits 1865 waren die ersten Freiwilligen Feuerwehren in Pötzleinsdorf und Simmering entstanden und bis Ende der 1870er Jahre gab es zwölf Freiwillige Feuerwehren. Durch die Stadterweiterung des Jahres 1892 kam es zu einem weiteren Zuwachs und nach der Eingliederung von Floridsdorf zählte Wien 44 Freiwillige Feuerwehren mit 1.420 Mann und 204 bespannten Wagen.

Nach dem Ende der Donaumonarchie und den ersten freien Gemeinderatswahlen, aus denen die Sozialdemokraten als Sieger hervorgingen, brach auch für die Wiener Feuerwehr eine neue Ära an. 

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Die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung und bei der Wiener Feuerwehr waren sich darüber einig, dass weder die Organisation noch die Ausrüstung den an eine Großstadtfeuerwehr zu stellenden Anforderungen entsprachen, weshalb auch hier rasch notwendige organisatorische Reformen und technische Verbesserungen in Angriff genommen wurden.

Die Zahl der Freiwilligen Feuerwehren wurde von 45 im Jahr 1919 auf acht Freiwillige Wehren – drei Freiwillige und fünf Werksfeuerwehren – im Jahr 1929 reduziert. Alle übrigen wurden entweder aufgelassen oder von der Berufsfeuerwehr übernommen. Die Einteilung der Stadt in drei Zonen wurde durch die Aufteilung in sieben Feuerschutzsektionen ersetzt; so konnte praktisch jeder Einsatzort in etwa fünf Minuten erreicht werden.

Im Zuge dieser Reformen, die auch die Einführung regelmäßiger Kurse zur Verbesserung des Ausbildungsstandes der Berufsfeuerwehr beinhalteten, errichtete die Gemeinde Wien eine Reihe neuer Feuerwachen, die zum Großteil noch heute bestehen und durch ihre charakteristische Architektur bestechen.

Die Feuerwehrleute jener Zeit waren mehrheitlich sozialdemokratisch eingestellt und die ideologischen Auseinandersetzungen der Ersten Republik gingen an ihnen nicht spurlos vorbei.

Im Februar 1934 war das Schutzbundregiment "Karl Marx" die Seele des Arbeiterwiderstandes in Floridsdorf. Kommandant der Schutzbundabteilung war der Wachkommandant der Hauptfeuerwache, Brandoberkommissär Georg Weissel, der seinen Einsatz mit dem Leben bezahlte.

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Die düsterste Zeit in der Geschichte des Wiener Feuerwehrwesens begann 1938 mit der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich. Die Berufsfeuerwehr wurde reorganisiert und zur "Feuerschutzpolizei".

Unmittelbar nach Kriegsende wurde die vor 1938 bestandene Organisation wieder hergestellt und die Feuerwehr der Stadt Wien versah trotz schlechtester wirtschaftlicher Bedingungen, schwerer Gebäudeschäden und unzulänglicher Ausrüstung wieder ihren Dienst. Am 29. Mai 1945 beauftragte Bürgermeister Theodor Körner Josef Holaubek mit der Leitung der Wiener Feuerwehr, die nun mit dem Wiederaufbau der stark beschädigten Feuerwachen begann.

1948 wurde schließlich der Österreichische Bundesfeuerwehrverband gegründet, dem die Feuerwehr der Stadt Wien am 12. Januar 1949 beitrat.

Um den städtebaulichen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können, wurde die in der Zeit des "Roten Wien" eingeführte Aufteilung des Stadtgebietes in sieben "Feuerschutzsektionen" 1982 auf acht Brandschutzsektionen geändert und 1996 auf neun Brandschutzsektionen erweitert. Ein Höhepunkt in der jüngeren Geschichte der Wiener Berufsfeuerwehr waren die Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich ihres 300jährigen Bestehens im Jahr 1986.
 

Das Wiener Feuerwehrmuseum ist im 1. Stock des Hauses Am Hof 7 untergebracht.

1., Am Hof 9
Tel.: 531 99-0
E-Mail: post@m68.magwien.gv.at 

Literatur: Helmut Bouzek, Wien und seine Feuerwehr: Geschichte und Gegenwart, 1990.