Arbeitersängerbund

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Die ersten Arbeitergesangsvereine entstanden bereits in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts, oft im Umfeld der Arbeiterbildungsvereine.

Dienten diese frühen Vereine v.a. noch dem Geselligkeitsbedürfnis der ArbeiterschaTF_ArbeitersaengerBund_Scheu_BO16_2ft, so stellte sich bald eine stärkere Politisierung und schärfere Abgrenzung gegenüber den "bürgerlichen" Gesangsvereinen ein. In den repressiven siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts fielen zahlreiche dieser Vereine deshalb der Zensur zum Opfer.

Nach dem Einigungsparteitag von Hainfeld zur Jahreswende 1888/89 kam es auch auf dem Gebiet der Arbeitersänger zu zahlreichen Neugründungen. Einer der aktivsten Arbeitergesangsvereine dieser Zeit war jener der Wiener Buchdrucker, die seit 1890 bestehende "Freie Typographia", deren Funktionäre beim Zustandekommen des ersten übergeordneten Verbandes eine führende Rolle spielen sollten. Zu erwähnen ist hier v.a. der Gewerkschaftsfunktionär Karl Höger, dem es auch gelang, Josef Scheu als Chormeister zu verpflichten.

Am 20. Dezember 1891 wurde schließlich der "Verband der Arbeitergesangvereine Niederösterreichs" als Dachorganisation mehrerer der Sozialdemokratie nahestehender Chöre gegründet; bis 1892 waren dem Verband bereits 21 Vereine beigetreten.

1901 entstand schließlich der überregionale "Reichsverband der Arbeitergesangsvereine Österreichs", und ab 1902 erschien die "Arbeitersänger-Zeitung" als Vereinsorgan. 1906 zählte der Verband 108 Mitgliedsvereine mit insgesamt 3.503 Mitgliedern.

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Der Erste Weltkrieg bedeutete auch für die Arbeitersänger einen schmerzlichen Aderlass. Die meisten Vereine mussten ihre Tätigkeit sistieren, einige lösten sich vollständig auf.

In der Ersten Republik kam es wieder zu einem raschen Wachstum der Vereins- und Mitgliederzahlen. Im Jahr 1922 verfügte der "Reichsverband" bereits über 339 Vereine mit fast 12.000 Mitgliedern, davon ca. 3.000 in Wien.

1925 trat der Singverein der sozialdemokratischen Kunststelle, dessen künstlerischer Leiter Anton Webern war, dem Verband bei. Im Jahr darauf erfolgte die Namensänderung in "Österreichischer Arbeiter-Sängerbund" (ÖASB).

Einen Höhepunkt der Vereinstätigkeit in der Ersten Republik stellte die Massenkundgebung der Arbeitersänger anlässlich der Feier "60 Jahre Lied der Arbeit" am 5. August 1928 auf der Jesuitenwiese im Prater dar, an der 102 Vereine und über 5.000 Sänger und Sängerinnen teilnahmen.

Das Fest zum vierzigjährigen Bestehen des Arbeitersängerbunds Alsergrund am 8. Oktober 1933 im Wiener Praterstadion war übrigens die letzte öffentliche Großveranstaltung der Sozialdemokraten im "Roten Wien".

Die konservative Regierung benützte diese Veranstaltung, die von der Arbeiter-Zeitung als "Fest der 60.000" gewürdigt wurde, um die Zeitung wegen der Wiedergabe der Festrede von Bürgermeister Karl Seitz zu konfiszieren und darüber hinaus eine Verbreitungsbeschränkung über das Blatt zu verhängen.

Head_Arbeitersaengerbund_OeASBDie Arbeiter-Zeitung durfte fortan nicht mehr in Trafiken oder auf der Straße verkauft, sondern nur noch per Post zugestellt werden.
 
Der Arbeitersängerbund Alsergrund wurde unter der Anschuldigung, die vereinsbehördlich genehmigte Tätigkeit überschritten zu haben, aufgelöst und sein Vermögen eingezogen. Es war dies das erste Verbot einer sozialdemokratischen Kulturorganisation durch die Austrofaschisten.

Der ÖASB wurde 1934 aufgelöst und 1946 erneuert. 1994 umfasste der Bund 125 Vereine mit 2.960 Sängern, aktuell sind es etwas über 90 Vereine und über 2.000 aktive Mitglieder.


Wiener Arbeitersängerbund 
Landesvorsitzender: Robert Fischer
Tel.: 0664 / 351 32 81
office@arbeitersaenger.info

Publikationen: Österreichische Arbeitersänger-Zeitung, 1902–1919, 1947–1949; Arbeiter-Sängerzeitung, 1919–1934; Der österreichische Arbeitersänger, 1950–1977; Chor-Magazin, seit 1978.
Literatur: Helmut Brenner, Stimmt an das Lied. Mit einem Vorwort von Bruno Kreisky und einem Nachwort von Rosa Jochmann, 1986.