Im Jahr 1850 fand die Vereinigung der Alservorstadt mit den Vorstädten Roßau, Althangrund, Thury, Lichtenthal, Himmelpfortgrund und Michelbeuern und ihre Eingemeindung zum 8. Bezirk statt. Nach der Abtrennung Margaretens von Wieden im Jahr 1861 wurde der Alsergrund zum 9. Wiener Gemeindebezirk; die Alserstraße wurde zur Grenze zwischen 8. und 9. Bezirk, der damit seine bis heute gültige Ausdehnung erhielt, von der Alserstraße einerseits und dem Donaukanal andererseits begrenzt wird, 2,99 km2 umfasst und knapp 42.000 EinwohnerInnen (2020) zählt.
Der Alsergrund ist von alters her ein Spitals- und mittlerweile auch ein Universitätsbezirk. An öffentlichen Einrichtungen sind v.a. das Allgemeine Krankenhaus (Altes AKH, 1784 von Joseph II. eröffnet, seit 1997 Universitätscampus; Neues Allgemeines Krankenhaus, seit 1904; Neues AKH, im Vollbetrieb seit 1992/93), das Josephinum (1783–1785, heute Institut für Geschichte der Medizin), das Neue Institutsgebäude der Universität Wien (NIG), die Nationalbank (1913–1925), die Roßauer Kaserne (1865–1870), das Palais Liechtenstein (1691–1711), die Volksoper (1898), der Franz-Josefs-Bahnhof, das Biologiezentrum der Universität Wien, das Verkehrsamt, die Müllverbrennungsanlage und das Fernheizwerk Spittelau (1969 eröffnet, nach einem Brand seit 1990 wieder in Betrieb) zu erwähnen.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung am Alsergrund beginnt bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1868 wurde im Gasthaus "Zum Adler" in der Mariannengasse 2 das erste Lesezimmer eines Arbeiterbildungsvereins im 9. Bezirk eingerichtet.
Von besonderer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Arbeiterbewegung am Alsergrund war die Tätigkeit des Fachvereins der Tischler, der im Gasthaus "Braun's Witwe" (Ecke Hahngasse / Pramergasse) ebenfalls einen Lesesaal betrieb und sich bald zu einer Zelle sozialdemokratischer Agitation entwickelte. Dieses Lokal war später als "Kührer's Gasthaus" das wichtigste Parteilokal in der Roßau; im Keller des Gebäudes befand sich ein Saal, in dem der Republikanische Schutzbund Trainingsstunden abhielt.
1892 wurde in der Marktgasse 48 der "Allgemeine Arbeiter- und Arbeiterinnenbildungsverein Bildungshort" gegründet. Initiatoren waren einige junge Arbeiter, die beim Schneidermeister Markus Kollmann zusammengekommen waren und Vereinsstatuten ausgearbeitet hatten. Diese waren bewusst unpolitisch gehalten, sodass es zunächst keine Schwierigkeiten bei der Genehmigung durch die k.k. Statthalterei gab.
An der Gründungsversammlung nahmen 16 junge Arbeiter teil. Der Bildungsverein war – nach den Zerwürfnissen der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts – der erste formelle Zusammenschluss von Sozialisten im Bezirk.
Zwei Jahre später, am 23. Januar 1894, wurde der "Sozialdemokratische Wahlverein Alsergrund" als Vorläufer der heutigen Bezirksorganisation gegründet. Sein erster Sitz war das Hotel "Bellevue" in der Althanstraße 7.
1906 wurde in der Badgasse 2 ein größeres Souterrainlokal gemietet, das bis Juli 1907 benützt wurde. Hier fanden auch einige russische Revolutionäre vorübergehend Zuflucht, die 1905 aus dem Zarenreich geflohen waren – unter ihnen auch Leo Trotzki, der zwischen 1907 und 1914 als politischer Emigrant u.a. auch in Wien lebte.
Nach den ersten allgemeinen Wahlen des Jahres 1919 stellten die Sozialdemokraten mit Josef Schober (1874–1960) bis 1934 auch am Alsergrund den Bezirksvorsteher. Die in den Jahren 1987–1989 errichtete städtische Wohnhausanlage, 9., Grünentorgasse 7, wurde Josef-Schober-Hof benannt.
Der Erfolg der Linken im überwiegend bürgerlichen Alsergrund wurde u.a. auch durch den Verzicht der jüdischen Partei – der Alsergrund hatte einen Anteil von 18 Prozent jüdischer Bevölkerung – auf eine eigene Kandidatur ermöglicht.
Da das Sekretariat der Bewegung in der Nussgasse 4 nun endgültig zu klein war, erwarb die Bezirksorganisation mit Hilfe einer Bausteinaktion einen ehemaligen Kindergarten in der Dreihackengasse 7 zur Errichtung eines neuen Parteiheims. Dieses konnte im Jahr 1926 feierlich eröffnet werden – zum weiteren Ausbau des einstöckigen Gebäudes kam es durch den Austrofaschismus allerdings nicht mehr.
1929 übersiedelte der Arbeiterbildungsverein in ein großes Lokal im städtischen Neubau in der Säulengasse 20 (heutiger Wagner-Jauregg-Hof). Dem Vereinsheim war auch ein Kino angeschlossen. Der Arbeiterbildungsverein Alsergrund war zum damaligen Zeitpunkt der aktivste und mitgliederstärkste in Wien.
Er zählte 4.393 Mitglieder, betreute über 40.000 Personen und führte noch zwei weitere Vereinsheime in der Nußgasse 4 und der Gussenbauergasse 5-7. Die Auflage seines "Mitteilungsblatts" betrug im Jahre 1930 sogar 140.000 Stück.
Im Februar 1934 kam es auch am Alsergrund zu vereinzelten Kämpfen, und in den Räumlichkeiten der ehemaligen Fabrik "Armbruster" in der Porzellangasse 6 wurde vom 14. bis 22. Februar 1934 ein "Notarrest" eingerichtet, in dem bis zu 750 Schutzbündler provisorisch inhaftiert waren.
1955 wurde in einer außerordentlichen Bezirksvorstandssitzung die Übersiedlung der Bezirksorganisation von der Dreihackengasse in die Marktgasse 2 beschlossen. In der früheren Schule war von 1930 bis 1933 ein Unterrichts-, Trainings- und Übungslokal der Akademischen Legion des Republikanischen Schutzbundes untergebracht. Nach 1945 war der Saal von den Kinderfreunden genutzt worden.
Die SPÖ stellte seit 1945 folgende BezirksvorsteherInnen im 9. Bezirk:
Johann Rajnoha (1946 bis 1950 und 1954 bis 1959)
Karl Schmiedbauer (1969 bis 1978)
Johann Benke (1991 bis 2003)
Martina Malyar (2003 bis 2018)
Saya Ahmad (seit 27. Juni 2018)
Bei der Bezirksvertretungswahl 2020 erhielten die SPÖ 31,4% und 13 Mandate (von 40 Mandaten), die Grünen 29,2% und 13 Mandate, die ÖVP 18,3% und 8 Mandate, die Neos 9,5% und 4 Mandate, Links 4,3% und 1 Mandat sowie die FPÖ 3,6% und 1 Mandat.
Bezirksorganisation der SPÖ Alsergrund
9., Alserbachstraße 23
Tel.: 53427 – 1090
E-Mail: wien.alsergrund@spoe.at
Bezirksparteivorsitzender: Marcus Gremel
Bezirksvorsteherin: Saya Ahmad
Literatur: Felix Czeike, IX. Alsergrund, 1979; Ernst Freisinger und Waldtraud Klotzberg, Alsergrund hat Zukunft, 1988; Erich Fried, Am Alsergrund. Erich Frieds Jugendjahre in Wien (1921 – 1938), hrsg. von Volker Kaukoreitu und Wilhelm Urbanek, 1995; Helga Maria Wolf, Damals am Alsergrund..., 1991; Statistik Austria, Bevölkerung zu Jahresbeginn 2002-2017 nach Gemeinden, 2017.