Nach dem Tod des Vaters übersiedelte die Familie nach Wien, wo Leopold Winarskys Mutter als Bedienerin und Wäscherin arbeitete. Winarsky erlernte den Beruf des Tapezierers und schloss sich bereits als Lehrling dem Landstraßer Arbeiterbildungsverein "Gleichheit" an, dessen Vorsitzender er 1893 wurde. Winarksy galt bereits in jungen Jahren als außerordentlich belesen und gebildet, schrieb Artikel für die "Volkstribüne" von Franz Schuhmeier und wurde von diesem gefördert. Auf Winarskys Initiative hin wurde am 4. November 1894 der Verein jugendlicher Arbeiter gegründet. Nach einem mehrmonatigen, politisch motivierten Gefängnisaufenthalt wurde Winarsky schließlich Krankenkassenangestellter und 1898 Mitarbeiter des zentralen Parteisekretariats unter Ferdinand Skaret.
1906 wurde Leopold Winarsky zum ersten sozialdemokratischen Gemeinderat der Brigittenau gewählt, im Jahr darauf zum Reichsratsabgeordneten. Hier setzte er sich v.a. für die Rechte der Lehrlinge ein, etwa für das Verbot des Sonntags- und Nachtunterrichts an den gewerblichen Fortbildungsschulen, oder für die Abschaffung des Lehrgeldes, das Lehrlinge bzw. deren Familien an die Lehrherren zu bezahlen hatten. Als 1907 in Stuttgart die Sozialistische Jugendinternationale gegründet wurde, vertrat Leopold Winarsky die Österreichische Jugendbewegung und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass das Internationale Büro in Wien angesiedelt wurde.
Der Autodidakt Winarsky setzte sich intensiv mit den Theorien der Arbeiterbewegung auseinander. Nachdem 1908 die Zentralstelle für das Bildungswesen gegründet wurde, war Winarsky deren erster Vorsitzender. Ebenso war er beteiligt an der Gründung der Blätter "Der Kampf" und "Bildungsarbeit". Anlässlich des 30. Todestages von Karl Marx im Jahr 1913 würdigte er in einer ausführlichen Arbeit Marx' Tätigkeit im Bund der Kommunisten und betonte dabei, dass das Kommunistische Manifest das erste historische Dokument des wissenschaftlichen Sozialismus geworden sei.
1914 musste Leopold Winarsky zum Militär einrücken; im Jahr darauf wurde er wegen einer schweren Erkrankung entlassen, an der er wenig später mit nur 42 Jahren starb. In einem Nachruf schreib Robert Danneberg: So wird er in den Herzen der Arbeiterklasse fortleben: Als Vorkämpfer für die Ideen des Sozialismus, als Lehrer des Volkes, aus dem er stammte und dem er treu geblieben ist [...].
Die in den Jahren 1924 bis 1926 nach Plänen von Josef Hoffmann, Josef Frank, Oskar Strnad, Oskar Wlach, Franz Schuster, Adolf Loos, Margarete Lihotzky, Karl Dirnhuber und Peter Behrens errichtete städtische Wohnhausanlage, 20., Winarskystraße 15-21, trägt den Namen Winarskyhof. 1928 wurde auch die Winarskystraße nach dem früheren Gemeinderat benannt (von 1934 bis 1946 hieß sie "Kolpingstraße"). An der Kreuzung Winarskystraße / Leystraße / Durchlaufstraße befand sich übrigens das 1936 von den Austrofaschisten zerstörte Lassalle-Denkmal.
Literatur: Josef Vass (Hrsg.), "Er ist gekommen als ein schwärmerischer Idealist". Leopold Winarsky (1873-1915), Sozialdemokrat und Bücherfreund, 1990; Madeleine Wolensky, "Sie sind mein Harem und mein Lustgarten" oder Bücher haben ihr Schicksal. Büchersammlungen sozialistischer Bibliophiler in der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien, 1986.