Wilhelminenberg, Schloss

16., Savoyenstraße 2

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Das am westlichen Stadtrand von Wien am Gallitzinberg (heute Wilhelminenberg) inmitten einer großen Parkanlage gelegene Schloss Wilhelminenberg blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1781 errichtete der Besitzer der Herrschaft Neuwaldegg, Feldmarschall Franz Moritz Graf von Lascy, hier ein kleines Lustschloss, das 1784 durch Kauf in den Besitz des russischen Botschafters Demetrius Michalowitsch Fürst von Gallitzin überging. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel erwarben Julius Fürst Montléart und seine Gattin Maria Christine 1824 die Liegenschaft mit dem bereits renovierungsbedürftigen Schloss. Nach dem Tod des Fürsten gelangte das Schloss an seinen Sohn Moritz Fürst Montléart, der es seiner Gattin Wilhelmine schenkte, nach der das Schloss und der Wilhelminenberg später benannt wurden. Beide sind übrigens in der Nähe des Schlosses in einem neugotischen Mausoleum beigesetzt.

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Nach Wilhelmines Tod im Jahr 1895 wurde Erzherzog Rainer von Habsburg-Lothringen aufgrund einer Schenkung Besitzer des Schlosses. In den Jahren 1903 bis 1908 ließ er das baufällige Gebäude abreißen und an seiner Stelle nach Plänen der Architekten Eduard Frauenfeld und Ignaz Sowinsky ein Palais im Neo-Empirestil errichten. Nach seinem Tod ging der Besitz 1913 an seinen Neffen Erzherzog Leopold Salvator über.

1918 wurde das Schloss zum Lazarett und Genesungsheim für Kriegsopfer umfunktioniert. 1922 ging der Bau mit einem Teil der dazugehörigen Gründe durch Kauf an den Züricher Bankdirektor Wilhelm Ammann über.Im Frühjahr 1927 erwarb die Stadt Wien das Schloss samt Park und Nebengebäuden und eröffnete darin am 12. November desselben Jahres das Kinderheim Wilhelminenberg.


Es hatte 200 Plätze und war wohl das vornehmste Kinderheim der damaligen Zeit; hier sollte den ärmsten Kindern Wiens, die von der Kinderübernahmsstelle in Pflege genommen worden waren, eine Starthilfe für eine bessere Zukunft gegeben werden.

Der Amtsführende Stadtrat für das Wohlfahrts- und Gesundheitswesen Julius Tandler, der es deshalb auch das "Zukunftsschloss" nannte, sagte in seiner Eröffnungsrede: Dieser Palast, für einzelne Auserwählte erbaut, wurde von der Gemeinde Wien erworben und den vielen hilfsbedürftigen Kindern dieser Stadt gewidmet. 


Während des Ständestaates war das Schloss Sitz der Wiener Sängerknaben; nach dem "Anschluss" wurde es beschlagnahmt und dem "SA-Sturm Donauland" übergeben, der hier eine politische Schule und ein Erholungsheim für SA-Führer einrichtete. Während des Krieges diente es wiederum als Militärlazarett (mit Anschluss an das Wilhelminenspital).

1945 erfolgte die neuerliche Umwidmung in ein Heim für erholungsbedürftige Kinder und ehemalige KZ-Häftlinge; danach befand sich hier der Sitz der Biologischen Station Wilhelminenberg. Von 1961 bis 1977 war im Schloss ein Heim für "Sonderschülerinnen" untergebracht.

Im Herbst 2011 wurde bekannt, dass es in dieser Zeit zu schwersten Übergriffen und Missbräuchen gekommen war. Der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch kündigte daraufhin die Einrichtung einer eigenen Kommission an. Laut Oxonitsch war der Stadt bereits in den 1970er Jahren klar geworden, dass die Struktur der Großheime überholt ist, weshalb die letzten derartigen Einrichtungen im Jahr 2000 zugesperrt wurden.

2013 erklärte die Kommissionsvorsitzende, Richterin Barbara Helige, in einem Interview mit der Wochenzeitung Falter: Die MA 11 wusste alles, bis 1973 war Maria Jacobi als verantwortliche Stadträtin und danach war Gertrude Fröhlich-Sandner zuständig. Wir haben Briefe an Jacobi gefunden. Sie war voll informiert – allerdings nicht über die sexuellen Übergriffe.

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Nach der Schließung des Kinderheims Wilhelminenberg stand das Gebäude jahrelang leer, bis Vizebürgermeister Hans Mayr 1986 die Sanierung und den Umbau des Schlosses zu einem Gästehaus bekanntgab. Nach 14 Monaten Bauzeit konnte das mit großem finanziellen Aufwand stilgerecht adaptierte "Gästehaus Schloss Wilhelminenberg" 1988 eröffnet werden.

Im Jahr 2000 wurde das Gästehaus in das zur Austria Trend Hotels & Resorts-Gruppe gehörende "Hotel Schloss Wilhelminenberg" umgewandelt, das in den Jahren 2002/03 schließlich komplett renoviert und als Viersternhotel neu kategorisiert wurde.