Kreisky, Bruno

22.1.1911, Wien – 29.7.1990, Wien

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Seine Welt war größer als sein Land. Er hat sich um die Gemeinschaft und das Wohlergehen der Völker verdient gemacht. Ruhe in Frieden, lieber, schwieriger und guter Freund! Willy Brandt, 7. August 1990.

Bruno Kreisky war der Sohn eines jüdischen Geschäftsmannes. Bereits 1926, während seiner Schulzeit, war der junge Intellektuelle aus großbürgerlichem Haus im Verband der Sozialistischen Mittelschüler aktiv. Weil diese ihm aber "zu theoretisch" waren, trat Kreisky 1927 dem Verband der sozialistischen Arbeiterjugend auf der Wieden bei, wo er nach anfänglichen Widerständen bald zum Obmann avancierte.

Bruno Kreisky, der zu dieser Zeit in der Rainergasse 29 wohnte und das Radetzky-Gymnasium im 3. Bezirk besuchte, ging selbst von Haus zu Haus, um junge Leute für die Parteiarbeit anzuwerben. Sein erster großer politischer Erfolg waren die "Roten 28er", eine Gruppe von Jugendlichen, die 1928 die Hauptschule abgeschlossen hatten, und um die sich Kreisky besonders kümmerte.

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1933 wurde Bruno Kreisky Obmann des Reichsbildungsausschusses und bald darauf zum ersten Mal wegen seiner politischen Tätigkeit festgenommen.

Am 18. Februar 1934 gründete er gemeinsam mit Roman Felleis im Wienerwald die illegale "Revolutionäre Sozialistische Jugend". Nach der Teilnahme an der ersten Reichskonferenz der Revolutionären Sozialisten in Brünn wurde er am 30. Januar 1935 neuerlich verhaftet.

Im großen Sozialistenprozess von 1936 zählte Kreisky zu den mutigsten Rednern. In seiner auch international beachteten Verteidigungsrede sagte er u.a.: Ich habe schon gesagt, dass ich nach wie vor Sozialist bin. Weder die Taten der Regierung, noch die aufmerksame Lektüre nichtsozialistischer und antimarxistischer Werke ließen mir eine andere Lösung als die des Sozialismus möglich erscheinen. Ich halte weiter den Klassenkampf für das einzige Mittel der Befreiung der Arbeiterschaft. Kreisky wurde wegen "Hochverrats" zu einem Jahr Kerker verurteilt.

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Am 14. März 1938, nur einen Tag nach dem "Anschluss" Österreichs, legte Kreisky seine letzte Prüfung an der Universität Wien ab. Am nächsten Tag befand er sich bereits in "Schutzhaft". Ende September konnte Kreisky jedoch nach Schweden emigrieren, wo er als Sekretär in der Stockholmer Konsumgenossenschaft und als Korrespondent verschiedener Zeitungen arbeitete. 1940 traf er Willy Brandt, der zu einem seiner engsten Weggefährten werden sollte. 1942 heiratete er Vera Fürth, zwei Jahre später wurde sein Sohn Peter und 1948 die Tochter Susanne geboren.

1946 konnte Kreisky erstmals wieder nach Österreich zurückkehren, nachdem ihm die US-Besatzungsmacht ein Jahr zuvor noch die Einreise verweigert hatte. Im Juli 1946 wurde er zum österreichischen Interessensvertreter in Schweden bestellt; Ende 1949 kehrte er endgültig nach Österreich zurück.

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1951 wurde Kreisky Kabinettsvizedirektor bei Bundespräsident Theodor Körner; 1953 wechselte der auslandserfahrene Politiker als Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten ins Bundeskanzleramt und war in dieser Funktion maßgeblich an den Staatsvertragsverhandlungen beteiligt.

1956 wurde Kreisky in seiner politischen Wahlheimat Niederösterreich erstmals in den Nationalrat gewählt, dem er bis zu seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik 1983 angehörte.

Nach den Wahlen im Frühjahr 1959 avancierte er im Kabinett Raab zum Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, eine Funktion, die er bis zum Bruch der Großen Koalition im Frühjahr 1966 innehaben sollte.

Nach dem Ende der Nachkriegskoalitionsregierungen wurde Kreisky am 5. Juni 1966 Parteiobmann der SPÖ-Niederösterreich und acht Monate später, am 1. Februar 1967, in einer turbulenten Kampfabstimmung mit Hans Czettel, zum Nachfolger Bruno Pittermanns als Bundesparteivorsitzender der SPÖ gewählt.

TF_PLakat_1970_SPOE_BroschuereAus der Opposition heraus entwickelte Kreisky neue Programme für alle Lebensbereiche. Bei den Wahlen vom 1. März 1970 konnte er sich gegen den ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus, den seine Partei als "echten Österreicher" affichiert hatte, durchsetzen und bildete nun, mit Duldung der FPÖ unter Friedrich Peter, eine SPÖ-Minderheitsregierung.

Bei den vorgezogenen Neuwahlen vom 10. Oktober 1971 errang die SPÖ mit Bruno Kreisky unter dem Motto "Laßt Kreisky und sein Team arbeiten" erstmals die absolute Mehrheit, die 1975 und 1979 unter dem neuen Slogan "Kreisky – wer sonst?" noch ausgebaut werden konnte. Damit war der Weg für umfassende gesellschaftspolitische und soziale Reformen in Österreich endlich frei.
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Kreiskys Kanzlerschaft war durch weitreichende Reformen (Ausbau des Sozialstaats, Einführung des Karenzgeldes, des Mutter-Kind-Passes und der Geburtenbeihilfe, Familienrechtsreform, große Strafrechtsreform und Einführung der Fristenlösung trotz massiver Widerstände, Reform des Bildungswesens, Demokratisierung der Universitäten) und vielbeachtete außenpolitische Initiativen (v.a. im Nahen Osten) gekennzeichnet, die Österreich eine bis dahin nicht gekannte internationale Anerkennung eintrugen.

Kreisky öffnete die Partei auch gegenüber bürgerlichen Wählern, pflegte einen intensiven und versöhnlichen Dialog mit der katholischen Kirche – v.a. mit Franz Kardinal König –, fand mit seinem liberalen Kulturverständnis Unterstützung bei Intellektuellen und Künstlern und machte die SPÖ zur erfolgreichsten sozialdemokratischen Partei Westeuropas.

Er unterhielt gute Kontakte zu den wichtigen Journalisten des Landes und wurde deshalb oft als "Medienkanzler" tituliert – auch wenn sein Umgang mit der Presse nicht immer nur harmonisch war. Besonders medienwirksam war Kreisky in den gerade aufkommenden Fernseh-Livediskussionen, was zweifellos mit zu seinen wiederholten Wahlerfolgen beitrug.

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Die letzten Regierungsjahre Bruno Kreiskys waren allerdings von wirtschaftlichen Problemen, Skandalen und persönlichen Rivalitäten ("Fall Androsch") überschattet. Heftig umstritten waren auch der Bau der Wiener UNO-City – hier setzte sich Kreisky über ein von der ÖVP initiiertes Volksbegehren hinweg – und des AKW-Zwentendorf.

In einer Volksabstimmung sprachen sich die Österreicher im Jahr 1978 gegen die Inbetriebnahme Zwentendorfs aus – eine erste empfindliche Niederlage, auf die allerdings der letzte Wahlsieg des Jahres 1979 folgte. Der Verlust der absoluten SPÖ-Mehrheit im Nationalrat im Jahr 1983 führte schließlich zum Rückzug Kreiskys aus der aktiven Politik.

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1984 wurde die Stiftung Bruno Kreisky Archiv von Bruno Kreisky und dem Industriellen Karl Kahane gegründet. Ihr Ziel ist es, eine möglichst umfassende Sicherung, Indizierung und Auswertung der Unterlagen durchzuführen, die aus der Tätigkeit Kreiskys als Politiker, Diplomat und Staatsmann seit den 1930er Jahren hervorgegangen sind. Die Stiftung hat ihren Sitz im Vorwärtshaus.

Die in den Jahren 1984 bis 1987 errichtete Wohnhausanlage, 17., Hernalser Hauptstraße 230, wurde 1995 Bruno-Kreisky-Hof benannt. Die Gedenkstele stammt von Leopold Grausam. Nach dem legendären Bundeskanzler und Parteichef wurden außerdem die Bruno-Kreisky-Gasse in der Inneren Stadt, der Bruno-Kreisky-Platz in der Donaustadt sowie der Bruno-Kreisky-Park in Margareten, in der Nähe seines Geburtshauses (5., Schönbrunner Straße 122, Gedenktafel), benannt. Im Frühjahr 2006 wurde hier eine Büste des Altkanzlers enthüllt, ein Werk der Bildhauerin Christine Pillhofer.

In Bruno Kreiskys ehemaligem Wohnhaus, 19., Armbrustergasse 15, wurde 1991 das Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog eingerichtet. Das Bruno Kreisky Forum versteht sich als ein Ort, an dem PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen und Intellektuelle aus aller Welt zu einem Ideen- und Meinungsaustausch zusammen kommen können, um mögliche Antworten auf komplexe Fragen und Probleme zu finden, die einen globalen Lösungsansatz erfordern. Das Bruno Kreisky Forum lädt dazu auch regelmäßig zu Diskussionsveranstaltungen, Symposien, Vorträgen und Seminaren ein.

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Seit 1993 wird von der Bildungsorganisation der SPÖ und dem Dr.-Karl-Renner-Institut im Gedenken an Bruno Kreisky der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch vergeben, dessen Verleihung jährlich um den Geburtstag Bruno Kreiskys Ende Januar stattfindet. Mit diesem Preis soll politische Literatur gefördert werden, die den Werten und Zielvorstellungen Bruno Kreiskys entspricht und von den Schwerpunkten seiner politischen Arbeit geprägt ist.

Neben den Grundwerten Freiheit, Gleichheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität stehen Begriffe wie Toleranz, internationale Zu sammenarbeit sowie Kampf gegen autoritäre und rechtsextre mistische Tendenzen und für die Freiheit der Kunst (Informationen zum Bruno-Kreisky-Preis).
 

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Anlässlich seines 100. Geburtstages im Jahr 2011 widmete die Dauerausstellung Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof dem legendären Bundeskanzler unter dem Titel "Man muss die Leute gern haben. Bruno Kreisky in der Ersten Republik" eine Hommage.

Werk: Zwischen den Zeiten, 1986; Im Strom der Politik, 1988; Der Mensch im Mittelpunkt, hrsg. von Oliver Rathkolb, 1996.
Literatur: Ulrike Felber (Hrsg.),, Auch schon eine Vergangenheit. Gefängnistagebuch und Korrepondenzen von Bruno Kreisky, 2009; Heinz Fischer, Die Kreisky-Jahre, 1994; Werner Gatty (Hrsg.), Die Ära Kreisky, 1997; Rainer Mayerhofer, Bruno Kreisky: Seine Welt war größer als sein Land, WZ-online; Wolfgang Petritsch, Bruno Kreisky, 2000; ders., Bruno Kreisky – Die Biografie, 2010; Andreas P. Pittler, Bruno Kreisky, 1996; Oliver Rathkolb (Hrsg.), Bruno Kreisky: Erinnerungen – Das Vermächtnis des Jahrhundertpolitikers, 2007.