Im Februar 1934 brachte Ernst Paul, der Vorsitzende der Republikanischen Wehr der sudetendeutschen Sozialdemokratie, Otto Bauer und Josef Pleyl nach deren Flucht aus dem umzingelten Ahornhof nach Bratislava (Pressburg) in Sicherheit. Hunderte Männer der Republikanischen Wehr fuhren außerdem an die Grenze, um den geflüchteten Schutzbündlern als Sanitäter zu helfen.
In Brno (Brünn) entstand in der Folge das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten (ALÖS), das von 1934 bis 1938 als Sitz der Leitung der emigrierten Sozialdemokraten und Auslandsstützpunkt der illegalen Sozialdemokraten in Österreich fungierte und von Otto Bauer und Julius Deutsch geleitet wurde.
Hier erschien auch die illegal in Österreich vertriebene Arbeiter-Zeitung zunächst als Wochenzeitung. Während das Auslandsbüro auch weiterhin für eine reformistische Politik eintrat, organisierten sich viele der in Österreich verbliebenen Parteimitglieder in der Gruppe der illegalen Revolutionären Sozialisten und arbeiteten fortan enger mit den Kommunisten zusammen.
Die tschechischen Faschisten und Nationalisten hetzten indessen gegen die Emigranten. Am 1. März 1937 wurde Otto Bauer deshalb in die örtliche Polizeidirektion zitiert und musste ein Protokoll mit folgendem Wortlaut unterfertigen: Herr Dr. Otto Bauer als führende Persönlichkeit der österreichischen sozialdemokratischen Emigration in Brünn wird aufmerksam gemacht, dass, falls nur noch einmal festgestellt werden sollte, dass die Arbeiter-Zeitung oder irgend eine andere von der Österreichischen sozialdemokratischen Emigration herausgegebene Zeitschrift nach Österreich versandt wird, die ganze österreichische Emigration in der ganzen Republik zerschlagen wird.
Ab 31. März 1937 führte die illegale Arbeiter-Zeitung deshalb Paris als Erscheinungsort an. Insgesamt wurden in Brünn 22 Ausgaben der Arbeiter-Zeitung mit einer Gesamtauflage von 752.898 Stück sowie eine Reihe anderer Druckerzeugnisse – Flugzettel oder etwa 1.748.000 Aufkleber und Streuzettel – gedruckt und meist von Sudetendeutschen illegal über die Grenze nach Österreich gebracht.
Im März 1938 kam Otto Bauer nach Brüssel, wo er mit Friedrich Adler und dem aus Österreich geflüchteten Vorsitzenden der Revolutionären Sozialisten, Joseph Buttinger, zusammentraf. Man einigte sich auf die Auflösung des ALÖS und des Parteipräsidiums der Revolutionären Sozialisten und die Zusammenfassung dieser Gremien zur Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten (AVOES).
Die AVOES wurde zunächst in Paris, dann in London weitergeführt und von Friedrich Adler in New York Ende 1941 aufgelöst. Im englischen und im amerikanischen Exil entstanden zu Beginn der 1940er Jahre neue sozialdemokratische Exilorganisationen, darunter das Austrian Labor Committee (ALC), das zwar nur als Vertretung des sozialistischen Exils in den USA gedacht war, aufgrund der Teilnahme Adlers jedoch weiterhin als "Auslandsvertretung" rezipiert wurde.
Literatur: Hans Egger, Die Politik der Auslandsorganisationen der österreichischen Sozialdemokratie in den Jahren 1938 bis 1946, 2004; Dora Müller, Drehscheibe Brünn: deutsche und österreichische Emigranten 1933-1939, 1997.