Reumann, Jakob

31.12.1853, Wien – 29.7.1925, Klagenfurt

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Reumann_TF_Trachtenfest_VGA6Jakob Reumann wuchs als unehelicher Sohn einer aus Mödling stammenden Hilfsarbeiterin in ärmlichen Verhältnissen auf. In einer Meerschaumpfeifenfabrik erlernte er das Drechslerhandwerk. Bereits als Drechslergeselle gründete er die erste Gewerkschaft dieser Sparte, den Fachverband der Drechsler, war deren Obmann und leitender Redakteur des Verbandsblattes.

Wegen seines gewerkschaftlichen Engagements verlor Reumann seine Anstellung und wurde auf die "schwarze Liste" der Unternehmer gesetzt. Kurzzeitig in München tätig, wurde Jakob Reumann von Victor Adler für die hauptamtliche politische Arbeit nach Wien zurückgeholt.

Der Hainfelder Gründungsparteitag wählte ihn 1889 zum ersten Sekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. In dieser Funktion führte er 1890, beim ersten Parteitag in Wien, den Vorsitz.

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Jakob Reumann war neben Franz Schuhmeier der erste führende Sozialdemokrat, der sich besonders in der Kommunalpolitik engagierte und entschieden für den Bau gesunder und erschwinglicher Arbeiterwohnungen eintrat. Im Jahr 1900 wurden Reumann in Favoriten und Schuhmeier in Ottakring als erste Sozialdemokraten in den Wiener Gemeinderat gewählt.

Reumann war seit 1907 auch Mitglied des Reichsrates, wo er sich v.a. mit Fragen der Kranken- und Unfallversicherung, der Arbeitslosenfürsorge und der Lebensmittelversorgung befasste. Als die christlichsoziale Stadtverwaltung gegen Ende des Ersten Weltkriegs angesichts der katastrophalen Versorgungslage eine breitere politische Basis suchte, wählte sie Jakob Reumann 1917 zum ersten sozialdemokratischen Stadtrat.

Jakob Reumann, der im provisorischen Gemeinderat von 1918 bereits zu einem von drei Vizebürgermeistern avanciert war, wurde nach dem triumphalen Wahlsieg der Sozialdemokraten im Jahr 1919 zum ersten sozialdemokratischen Bürgermeister der Stadt gewählt. In seiner Amtszeit wurden die Grundlagen des "Roten Wien" gelegt – der Beginn des kommunalen Wohnbaus, die Einleitung der großen Schulreformen und die ersten Schritte zur Schaffung von neuen Grünanlagen und modernen Freizeiteinrichtungen.


Am 1. Januar 1922 wurde Wien, das seit November 1920 de facto als eigenständiges Bundesland bestand, schließlich auch de jure von Niederösterreich abgetrennt und zum selbständigen Bundesland erhoben ("Trennungsgesetz" vom 29.12.1921). Jakob Reumann trat am 20.11.1923 aus Gesundheitsgründen von seinem Amt als Bürgermeister zurück; sein Nachfolger wurde Karl Seitz.

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Die in den Jahren 1924 bis 1926 nach Plänen von Hubert Gessner errichtete Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, 5., Margaretengürtel 100-110, wurde Reumannhof benannt. Im Hof der Wohnhausanlage befindet sich eine Reumannbüste von Franz Seifert; eine weitere Reumannbüste desselben Künstlers findet sich am Republik-Denkmal am Dr.-Karl-Renner-Ring.

An den ersten sozialdemokratischen Bürgermeister Wiens erinnern ferner der Reumannplatz in Favoriten (seit 1925) sowie die Reumannstraße im 19. Bezirk.

Literatur: Felix Czeike, Wien und seine Bürgermeister, 1974.