Johann Otto Haas kam durch sein Elternhaus sehr früh in Kontakt zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. Sein Vater Josef Haas war von 1919 bis 1923 Bezirksrat der SDAP in der Brigittenau, seine Mutter, Philomena Haas, engagierte sich in der Frauenbewegung und wurde 1932 in den Wiener Gemeinderat gewählt.
Otto Haas absolvierte die Lehrerbildungsanstalt und besuchte im Anschluss daran das von Otto Glöckel neu geschaffene Pädagogische Institut. Er wurde Bibliothekar in der Bildungsorganisation der SDAP und Erzieher bei den Kinderfreunden und den Roten Falken. 1928 erhielt er eine Anstellung als Lehrer in Floridsdorf.
Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Februar 1934 war ihm die Unterstützungsarbeit für die Opfer der Februarkämpfe ein besonderes Anliegen. Sein Bruder Josef, dem die Flucht aus Österreich gelungen war, war im Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten tätig. Otto Haas arbeitete mit der "Gesellschaft der Freunde" – den Quäkern – und ihrem Wiener Vertrauensmann, dem späteren Bundesminister Josef Afritsch, zusammen. Wegen dieser Tätigkeit wurde er zu vier Wochen Polizeiarrest verurteilt. Dennoch konnte er sein Geschichtestudium 1937 erfolgreich abschließen.
In der NS-Zeit nahm Otto Haas den Decknamen "Ludwig" an und baute eine Organisation der Revolutionären Sozialisten mit Stützpunkten in Wien, Salzburg, Tirol und Bayern auf. Die Gruppe Haas fertigte ein Organisationsschema für die einzelnen österreichischen Bundesländer an, legte Karteien an, die mit unsichtbarer Tinte geschriebene Informationen über die Rüstungswirtschaft enthielten, erstellte eine sogenannte Kippkartei über verlässliche, unverlässliche und gegnerische Personen sowie Berichte über die Sowjetunion, den Ostfeldzug, die Lage Frankreichs und die Rüstung Englands und der USA.
Am 20. Juni 1942 wurde Otto Haas in Wien-Schwechat verhaftet. Das Verfahren gegen Haas und zwei weitere Mitangeklagte wurde vor dem Berliner Senat des Volksgerichtshofes unter dem Vorsitz von Roland Freisler durchgeführt und endete mit der Verurteilung zum Tode durch das Fallbeil.
Otto Haas wurde am 30. August 1944 in Wien hingerichtet. Im Zuge der Zerschlagung der Organisation waren insgesamt mehr als zweihundert Sozialdemokraten angeklagt und verurteilt worden. Zwölf von ihnen starben in der Untersuchungshaft, zwölf weitere, davon acht Österreicher, wurden hingerichtet.
Die in den Jahren 1924/25 nach Plänen von Adolf Loos, Karl Dirnhuber, Margarete Lihotzky und Franz Schuster errichtete Wohnhausanlage, 20., Winarskystraße 18, in der Otto Haas mit seiner Mutter und seinen Geschwistern lebte, wurde am 4. Juni 1950 Otto-Haas-Hof benannt.
Die Benennung nahm Theodor Körner, der damalige Bürgermeister der Stadt Wien und spätere Bundespräsident,vor.
Literatur: Paul Schärf, Otto Haas – ein revolutionärer Sozialist gegen das Dritte Reich, 1967.