Arbeiterinnen-Bildungsverein

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Der erste "Arbeiterinnen-Bildungsverein" wurde bereits 1871 gegründet; seine Zentrale befand sich in Mariahilf, mit Lesezimmern in weiteren Bezirken. Infolge des Niedergangs der Arbeiterbewegung und der Spaltung in eine "gemäßigte" und eine "radikale" Fraktion im Laufe der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts löste sich auch der erste "Arbeiterinnen-Bildungsverein" schließlich auf.

Am 8. März 1889 erschien im sozialistischen Wochenblatt Gleichheit ein Aufruf der Arbeiterin Viktoria Kofler, in dem diese an die Genossen appellierte: Lasset uns an Euren Studien teilnehmen, errichtet Unterrichtskurse für Arbeiterinnen, bemüht Euch, die Euch bekannten Arbeiterinnen dafür zu interessieren, und Ihr werdet bald uns nicht nur zahlreich bei Euren Versammlungen erscheinen, nein, in Euren Reihen mutig kämpfend sehen. Der Appell hatte Erfolg, und am 29. Juni 1890 wurde mit Unterstützung von Victor Adler im Gasthaus "Zum Goldenen Luchsen" in Lerchenfeld der "Arbeiterinnen-Bildungsverein" wiedergegründet.

Der Vorstand des Vereins setzte sich hauptsächlich aus Frauen und Töchtern von Parteigenossen zusammen; erste Obfrau wurde Anna Steiner, die Frau eines Bäckereiarbeiters; der Vereinsraum befand sich im Haus des Fachvereins der Bäckergewerkschaft am Neubaugürtel 44.

Der Arbeiterinnen-Bildungsverein, der auch über eine eigene Bücherei verfügte, bildete eine der wichtigsten Wurzeln der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Wichtige Vorkämpferinnen der linken Frauenbewegung wie Auguste Fickert oder Adelheid Popp hielten regelmäßig Vorträge und Reden, und beim zweiten Parteitag der österreichischen Sozialdemokratie im Jahr 1891 durfte der Verein mit Viktoria Kofler und Alice Salomon auch zwei Delegierte entsenden.

Die folgenden Jahre waren in erster Linie vom Kampf um das Wahlrecht einerseits, aber auch von Auseinandersetzungen in der Frage der Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Frauenbewegung gekennzeichnet. Nach der Gründung des Lese- und Diskutierclubs Libertas verlor der Verein zunehmend an Bedeutung und wurde schließlich aufgelöst; die umfangreiche Bibliothek wurde dem Arbeiter- und Arbeiterinnen-Bildungsverein Hernals übertragen.