Adelheid Dworak stammte aus schwierigsten sozialen Verhältnissen. Ihr Vater war Alkoholiker, ihre Mutter nach der Geburt von 15 Kindern früh gealtert. Adelheid musste bereits mit zehn Jahren die Schule verlassen, um als Dienstmädchen und später als Heim- und Fabrikarbeiterin zum Familienunterhalt beizutragen.
In den 1880er Jahren schloss sie sich unter dem Eindruck der Lektüre der Gleichheit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei an und hielt erst 17jährig auf einer Parteiversammlung ihre erste flammende Rede über die unerträgliche Situation der Arbeiterinnen. 1891 wurde Adelheid Popp Mitglied des Wiener Arbeiterinnenbildungsvereins, 1893 Vorsitzende des Lese- und Diskutierclubs Libertas.
Von 1892 bis 1934 war Popp Redakteurin der von ihr mitbegründeten Wiener Arbeiterinnen-Zeitung. Als das Blatt 1895 wegen "Herabwürdigung der Ehe und Familie" angeklagt wurde, musste Adelheid Popp als verantwortliche Redakteurin vor Gericht und wurde schließlich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
1902 initiierte sie gemeinsam mit Therese Schlesinger und gegen den erheblichen Widerstand der Parteispitze den Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. 1918 wurde sie in den Parteivorstand der SDAP und in den Wiener Gemeinderat gewählt, dem sie bis 1923 angehörte; von 1919 bis 1934 war sie auch Mitglied des österreichischen Parlaments.
Adelheid Popp war eine der wichtigsten Wegbereiterinnen der sozialdemokratischen Frauenbewegung. In ihrem sozialpolitischen Engagement – z.B. in ihrer Forderung eines Verbotes der Nachtarbeit – verband sie die Interessen zweier Gruppen, die ihrer Meinung nach eines ganz besonderen Schutzes bedurften: der Frauen und der Jugendlichen.
Daneben vertrat sie spezielle Frauenforderungen, wie die Einführung einer Karenzzeit für Mütter und die Errichtung von Entbindungsanstalten, aber auch gesellschaftspolitische Forderungen wie die Einführung des Frauenwahlrechts oder die Gleichstellung der Frauen in der Ehe mit Leidenschaft und Vehemenz. Besonders setzte sie sich für eine der am härtesten ausgebeuteten Gruppen ein, für die der Heimarbeiterinnen.
Mit der anonymen Veröffentlichung ihrer Kindheitserinnerungen "Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin" im Jahre 1909, die in 10 Sprachen übersetzt wurden, motivierte sie viele Arbeiterfrauen, sich der Sozialdemokratie anzuschließen. Auch ihre 1912 veröffentlichte Broschüre "Haussklavinnen" fand weite Verbreitung.
1933 legte Adelheid Popp ihre Funktionen aus Altersgründen zurück; kurz nach der Feier zu ihrem 65. Geburtstag wurden sämtliche sozialdemokratischen Organisationen verboten.
Privat hatte Adelheid Popp mehrere schwere Schicksalsschläge zu ertragen. Ihr Mann Julius Popp – ein Pionier der sozialdemokratischen Bewegung – starb bereits 1902, nur acht Jahre nach der Eheschließung. Ihre beide Söhne verlor sie in jungen Jahren – einer fiel im Ersten Weltkrieg, der andere erlag einer Grippeepidemie. Sie selbst war bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, als die Nationalsozialisten die Herrschaft in Österreich übernahmen.
Die in den Jahren 1932/33 nach Plänen von Karl Ehn errichtete Wohnhausanlage der Gemeinde Wien, 16., Possingergasse 39-51, wurde 1949 Adelheid-Popp-Hof benannt. 2011 erhielt die Verkehrsfläche im Bereich 22., Erzherzog-Karl-Straße / Stadlauer Straße den Namen Adelheid-Popp-Gasse. Ebenfalls 2011 wurde die Parkanlage im Bereich Geblergasse in Hernals in Adelheid-Popp-Park benannt.
Werk: Die Arbeiterin im Kampf um's Dasein, 1895; Erinnerungen. Aus meinen Kindheits- und Mädchenjahren, 1915; Frauenarbeit in der kapitalistischen Gesellschaft, 1922; Haussklavinnen. Ein Beitrag zur Lage der Dienstmädchen, 1912; Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin von ihr selbst erzählt, 1909; Traurige Jugend, 1927; Der Weg zur Höhe. Die sozialdemokratische Frauenbewegung Österreichs; ihr Aufbau, ihre Entwicklung und ihr Aufstieg, 1929.
Literatur: Gertrud Höllinger, Frauen schreiben über ihr Leben. Bürgerliche Autobiographie (Gertrud Bäumer) und proletarische Selbstdarstellung (Adelheid Popp) – ein Vergleich, 1989; Gunde Krispin, Hetzerin, Wunderkind, Vorzeigefrau – Adelheid Popp, 1989; Edith Probst (Hrsg.), "Die Partei hat mich nie enttäuscht
", Österreichische Sozialdemokratinnen, 1989; Barbara Schlick, Zwei Milieus – eine politische Gesinnung: Adelheid Popp / Elisabeth die "rote Erzherzogin", 2002 .