Am 1. Februar 1911 stellte der Beamte Johann Schlatte an die "Hohe k.k. Statthalterei" den Antrag, einen "Allgemeinen Mieterverein" gründen zu dürfen. In den Statuten hieß es: Der Verein ist ein nichtpolitischer und bezweckt eine allgemeine Besserung der Wohnungs- und Mietverhältnisse herbeizuführen, die berechtigten Interessen der Mieter im allgemeinen sowie jener seiner Mitglieder im besonderen zu wahren und zu fördern.
Am 25. Februar wurde dem Antrag stattgegeben und am 15. März 1911 fand die konstituierende Generalversammlung des neuen Vereins statt. Zum Obmann wurde Friedrich Frey gewählt, zu Obmannstellvertretern Leopold Winarsky und Jakob Reumann, zu Vorstandsmitglieder u.a. Julius Deutsch und Max Winter. Diese prominente Besetzung zeigt, welche Bedeutung die Sozialdemokratie der Verteidigung der Mieterrechte in einer Zeit der Hausherrenwillkür, der Rechtlosigkeit der Mieter, der extrem hohen Mieten und der überfüllten Wohnungen beimaß.
Der Sitz des "Allgemeinen Mietervereins" befand sich von der Vereinsgründung im Jahr 1911 bis nach dem Ersten Weltkrieg in der Landstraßer Hauptstraße 99-101 im 3. Bezirk.
Da sich im Ersten Weltkrieg die Wohnungs- und Mietverhältnisse dramatisch verschlechterten und es v.a. unter den Soldaten an der Front, deren Familien die enorm gestiegenen Mietzinse nicht mehr bezahlen konnten, zu einer allgemeinen Beunruhigung kam, erließ die kaiserliche Regierung 1917 eine Verordnung über den Mieterschutz, der die Mieter vor willkürlichen Kündigungen und ausbeuterischen Mietzinsen schützen sollte.
Die Verteidigung dieses Mieterschutzes wurde in der Ersten Republik zu einer zentralen Aufgabe des Vereins, der seinen Namen am 1. April 1921 in "Mietervereinigung Österreichs" änderte. Sein Sitz befand sich nun in der Rotenturmstraße 18 im 1. Bezirk. Der Verein zählte zum damaligen Zeitpunkt 33.000 Mitglieder in zwanzig Ortsgruppen; zehn Jahre später, 1931, waren es bereits mehr als 250.000 Mitglieder in 225 Lokalorganisationen. In diesem Jahr führte die Mietervereinigung übrigens mehr als 5.000 Prozesse für ihre Mitglieder durch.
Am 13. Februar 1934 wurde die Mietervereinigung verboten und ihr Vermögen beschlagnahmt. Die Mietervereinigung konnte bereits am 11. September 1945 reaktiviert werden; 1946 zählte der Verein bereits wieder 28.296 Mitglieder. In den Jahrzehnten seither ist diese Zahl auf über 100.000 angewachsen. Als gemeinnütziger Verein finanziert die Mietervereinigung ihre Leistungen ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und ist damit eine eigenständige und vollkommen unabhängige Mieterschutzorganisation.
Zu den ursprünglichen Aufgaben der Mietervereinigung sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten zahlreiche neue Aufgaben – wie die Hilfe bei der Wohnungsverbesserung, die Beratung in Versicherungsfragen, die Energieberatung usw. – hinzugekommen.