Indianerhof

12., Rotenmühlgasse 64, Aichholzgasse 52

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Die in den Jahren 1927 bis 1930 nach Plänen von Camillo Fritz Discher und Karl Dirnhuber errichtete Wohnhausanlage der Gemeinde Wien umfasst 735 Wohnungen sowie zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen und wird nach der bunten Plastik "Indianer" über dem Eingangsportal in der Rotenmühlgasse 64 – allerdings nur inoffiziell – "Indianerhof" genannt. 

Die große, eher uneinheitliche Wohnanlage besteht aus mehreren Baublocks ohne zusammenhängende Hofanlagen.

Die gartenstadtähnlichen Teile an der Hohenbergstraße und der oberen Spittelbreitengasse stammen vermutlich vom Wagner-Schüler Camillo Discher, während die sachlich strengeren und konstruktivistisch geschlossenen Bauten auf den "progressiveren" Karl Dirnhuber zurückgehen.

 

Die beiden Architekten bildeten offenbar in keiner Phase des Baus eine Arbeitsgemeinschaft (H. Weihsmann, 2002), wodurch ein sehr abwechslungsreiches Nebeneinander von bürgerlich inspirierter villenartiger Verbauung und "superblockhaften" Wohntrakten entstehen konnte. Positiv fällt auch auf, dass die gesamte Anlage farblich sehr lebhaft gestaltet ist.

Beim Eingang Spittelbreitengasse 44 findet sich – analog zur Indianer-Figur – die Darstellung eines Kindes mit Büchern, im Hof selbst die Figur eines Schwarzen mit Bananen und Krokodil. 

Ursprünglich gab es wohl vier Figuren unterschiedlicher Hautfarbe – die Kontinente Europa, Asien, Afrika und Amerika darstellend. Sie stammen von den Bildhauern Theodor Stundl und Joseph Josephu (Markus Kristan, 2021).

Der Indianerhof war im Februar 1934 heftig umkämpft. In den Morgenstunden des 14. Februar setzte ein starkes Polizeiaufgebot zum Sturm auf den Hof an, der von Schutzbündlern verteidigt wurde. 

Als die Angreifer auch ein Panzerauto einsetzten und Maschinengewehre von der Trainkaserne aus die Wohnanlage beschossen, kapitulierten die Verteidiger schließlich. Nach dem Februar 1934 wurde ein Teil der Anlage von den Austrofaschisten nach dem Heimwehrführer Fey als "Emil-Fey-Hof" bezeichnet.

Literatur: Hans und Rudolf Hautmann, Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934, 1980; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934, 1985/2002; Walter Zednicek, Architektur des Roten Wien, 2009.