Als im Jahre 1889 den steuerzahlenden, selbständigen Frauen in Niederösterreich nach dem Landtagswahlrecht auch das Gemeindewahlrecht – das ihnen nach dem geltenden Kurienwahlrecht ja zustand – entzogen werden sollte, organisierten einige Lehrerinnen in den damaligen Vororten Wiens eine Protestkundgebung, die letzten Endes zum Erfolg führte. Aus dieser Stimmrechtsbewegung ging schließlich der "Allgemeine Österreichische Frauenverein" hervor, der die Frauenfrage erstmals in ihrem vollen Umfang thematisierte.
Der Verein wurde am 28. Januar 1893 im Sitzungssaal des Alten Rathauses in Wien gegründet.
Vorsitzende der Gründungsversammlung war Ottilie Turnau. Zur Präsidentin wurde Auguste Fickert gewählt, zur Vizepräsidentin Rosa Mayreder, weitere Gründungsmitglieder waren u.a. Maria Schwarz, Marie Lang und Marianne Hainisch.
Der Verein vertrat eine eigene, überparteiliche Richtung innerhalb der Frauenbewegung; mit den Sozialdemokratinnen arbeitete er zeitweise zusammen, vom bürgerlich-christlichen Lager der Frauenbewegung grenzte er sich jedoch streng ab.
Wichtigste Ziele waren die Erringung des Wahlrechts und der damit verbundenen bürgerlichen Rechte, die Zulassung zu allen Bildungsstätten und die Schaffung gleichberechtigter Berufsmöglichkeiten für Frauen.
Der demokratische Abgeordnete Ferdinand Kronawetter stellte den liberalen Frauen für ihre monatliche Publikation "(Das) Recht der Frau" zunächst sein Parteiorgan "Volksstimme" zur Verfügung.
1899 gründeten die Frauen ihre eigene Zeitschrift: Die "Dokumente der Frauen", herausgegeben von Auguste Fickert, Marie Lang und Rosa Mayreder, veröffentlichten regelmäßig Diskussionsbeiträge und Artikel zu Fragen der Politik, des Rechts, aber auch der Medizin, der Psychoanalyse etc.
Im Jahr 1900 wurde in der Spiegelgasse im ersten Bezirk ein Lesezimmer des Vereins mit einem Vortrag von Rosa Mayreder über "Das Weib als Dame" eröffnet; nach der Übernahme der Zeitschrift "Neues Frauenleben" musste diese Einrichtung aus finanziellen Gründen jedoch wieder aufgegeben werden.
In der Folge wurde dem Verein ein Zimmer eines Lokals in der Liechtensteinstrasse 11 am Alsergrund zur Benützung überlassen.
Im Januar 1906 eröffnete die neugegründete Sektion "Jugend" in den Räumlichkeiten des Volksheims ihre Sonntagsnachmittage für jugendliche Arbeiterinnen.
Ständige Konflikte mit dem 1902 gegründeten bürgerlichen "Bund Österreichischer Frauenvereine" führten 1906 zum Austritt von 24 Mitgliedern.
Der "Allgemeine Österreichische Frauenverein" wurde dadurch stark geschwächt und verlor nach dem Tod seiner Präsidentin Auguste Fickert weiter an Bedeutung.