Um der drohenden Inflation Herr zu werden, wurden in den ersten Nachkriegsjahren in sozialpartnerschaftlich verhandelten Lohn-Preis-Abkommen die jährlichen Lohn- und Preissteigerungen verbindlich vereinbart; den Arbeitnehmern wurden dabei z.T. große Opfer abverlangt. Die Konsensbereitschaft der ÖGB-Spitze war unter den Arbeitnehmern keineswegs unumstritten. Am 22. September 1950 wurde die Einigung der Sozialpartner zu einem 4. Lohn- und Preisabkommen bekannt gegeben. Per 1. Oktober sollte etwa Mehl um 64 Prozent teurer werden, Zucker um 34 und Brot um 26 Prozent. Alle notwendig gewordenen Preiserhöhungen sollten durch eine zehnprozentige Lohnerhöhung und eine Anhebung der staatlichen Ernährungsbeihilfe für Kinder abgegolten werden. In zahlreichen Betrieben kam es zu einer Mobilisierung gegen diesen sogenannten "Preistreiberpakt".
Am Montag, den 25. September 1950, kam es zu den ersten kurzfristigen Arbeitsniederlegungen in mehreren Floridsdorfer Betrieben, denen sich bald weitere Arbeiter in den Bundesländern anschlossen.
Tags darauf fand in der Wiener Innenstadt ein von der KPÖ organisierter Protestmarsch mit anschließender Kundgebung auf dem Ballhausplatz statt.
Innenminister Helmer und Polizeipräsident Holaubek konnten die amerikanischen Besatzer von einer Einmischung abhalten, da sie befürchteten, es könne zu einer Konfrontation mit den sowjetischen Truppen kommen.
In den nächsten Tagen weitete sich die Streikbewegung auf ganz Ostösterreich aus. Unterstützt wurde sie allerdings nur von den kommunistischen Gewerkschaftern; der ÖGB lehnte die wilden Streiks ab und bezeichnete die Arbeitsniederlegungen als "illegal".
Am 30. September tagte eine gesamtösterreichische Betriebsrätekonferenz, an der etwa 1.000 Delegierte teilnahmen. Die Konferenz forderte die Zurücknahme des 4. Lohn-Preisabkommens, doch die Bundesregierung und der ÖGB hielten an den Abmachungen fest und verurteilten die Aktionen der kommunistischen Gewerkschafter. Der ÖGB meinte, ein Generalstreik würde "den Frieden im Land gefährden" und sah darin einen von den Kommunisten gesteuerten "Putschversuch".
In den ersten Oktobertagen kam es in Wien und Niederösterreich noch zu mehreren Streikversuchen, aber auch zu Fabriksbesetzungen und Straßensperren durch die KPÖ und in der Folge zu Straßenkämpfen zwischen kommunistischen Rollkommandos einerseits und der Polizei sowie Mitgliedern der Bauarbeitergewerkschaft unter Franz Olah andererseits. Am 5. Oktober 1950 brach die kommunistische Streikbewegung in Wien endgültig zusammen.
Der versuchte Generalstreik hatte den Ausschluss der meisten KP-Vertreter aus den Spitzengremien des ÖGB und der Teilgewerkschaften zur Folge. Das anfängliche Ausmaß der Streikbewegung, die bedrohliche Anwesenheit der sowjetischen Besatzungsmacht im Osten Österreichs und die Entwicklung in Österreichs östlichen Nachbarstaaten ließen zum damaligen Zeitpunkt die Annahme eines kommunistischen Putschversuchs jedenfalls als möglich erscheinen. Im historischen Rückblick ist klar, dass es sich zwar um keinen politischen Putschversuch handelte, dass jedoch hinter den Streiks die erklärte Absicht der KPÖ stand, entscheidenden Einfluss auf die Gewerkschaftsbewegung zu erlangen.
Literatur: Michael Ludwig (Hrsg.), Der Oktoberstreik 1950, 1995; Karl Schlögl, Der Oktoberstreik 1950. Die Entwicklung Österreichs und die Auswirkungen der Streikbewegung auf die österreichische Innenpolitik, 1991.