Nicht fürs Süße, nur fürs Scharfe und fürs Bittre bin ich da;
schlag, ihr Leute, nicht die Harfe, spiel die Ziehharmonika.
Kramer war der Sohn eines jüdischen Gemeindearztes und verbrachte seine Kindheit im niederösterreichischen Niederhollabrunn. Nachdem er im Ersten Weltkrieg an der Ostfront schwer verwundet worden war, studierte er nach Kriegsende als außerordentlicher Hörer der Philosophie und der Rechtswissenschaften an der Universität Wien und verdingte sich anschließend als Tagelöhner, Anstreicher, Buchhändler, Verlagsvertreter und freiberuflicher Schriftsteller. Ende der 1920er Jahre folgen erste Veröffentlichungen in Zeitschriften und Zeitungen, u.a. in der Arbeiter-Zeitung. Als Kramer 1929 seinen ersten Gedichtband, "Die Gaunerzinke", veröffentlichte, war er mit einem Schlag ein anerkannter Dichter.
Kramer war der produktivste und neben Josef Weinheber wohl der erfolgreichste Lyriker der Ersten Republik. In seinen formal konventionellen Gedichten, die stark von Georg Trakl und Bertold Brecht beeinflusst sind, beschrieb er eindringlich die Not und das Elend der Proletarier; seine spätere Lyrik ist von den persönlichen Erfahrungen von Flucht und Exil geprägt.
1933 war Kramer Vorstandsmitglied der neu gegründeten Vereinigung sozialistischer Schriftsteller und wurde in Deutschland mit Veröffentlichungsverbot belegt. Ab 1934 verringerten sich seine Publikationsmöglichkeiten durch das Verbot der Arbeiterpresse auch im Ständestaat dramatisch.
Kramer, der 1938 mit Berufsverbot belegt wurde und seine Wohnung verlor, emigrierte dank der Vermittlung Thomas Manns und anderer Kollegen 1939 nach England, wo er jedoch 1940/41 als "verdächtiger Ausländer" auf der Isle of Man interniert wurde. 1942 erhielt er eine Stelle als Bibliothekar am Surrey County Technical College in London.
Nach der Befreiung Österreichs kehrte Kramer trotz mehrerer Angebote – etwa des Wiener Kulturstadtrats Viktor Matejka – erst 1957 nach Österreich zurück, wo er im Jahr darauf einsam und wenig beachtet starb. Nach dem Schriftsteller wurde 1983 die Theodor Kramer-Straße in der Donaustadt benannt. Für Schreiben im Widerstand und im Exil wird von der Theodor Kramer Gesellschaft der Theodor Kramer Preis verliehen.
Werke: Die Gaunerzinke, 1929; Kalendarium, 1930; Wir lagen in Wolhynien im Morast, 1931; Die ohne Stimme sind, 1936; Verbannt aus Österreich, 1943; Wien 1938 - Die grünen Kader, 1946; Die untere Schenke, 1946; Lob der Verzweiflung, 1947; Orgel aus Staub. Hrsg. Erwin Chvojka, 1991; Laß still bei dir mich liegen. Hrsg. Erwin Chvojka, 1994. - Werkausgabe, Hrsg. Erwin Chvojka, 1984-87.
Literatur: Siglinde Bolbecher (Hrsg.), Literatur und Kultur des Exils in Großbritannien, 1995; Erwin Chvojka und Konstantin Kaiser, Vielleicht hab ich es leicht, weil schwer, gehabt, 1997; Miguel Herz-Kestranek, Theodor Kramer. Oh, käm's auf mich nicht an!, 1987; ders. (Hrsg.), Österreichische Lyrik des Exils und des Widerstands – Anthologie, 2005; Herbert Staud (Hrsg.), Chronist seiner Zeit – Theodor Kramer, 2000; Daniela Strigl, Theodor Kramer, Wo niemand zuhaus ist, dort bin ich zuhaus, 1998.