Konsumverein "Vorwärts"

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TF_Kunsumverein_Hammerbrotwerke_SPOE_BuecherDurch die Gründungseuphorie der Jahre vor der Wende zum 20. Jahrhundert war eine Vielzahl von neuen Konsumvereinen entstanden. In Wien bestand fast in jedem Bezirk ein eigener Konsumverein, in vielen Stadtteilen gab es Filialen verschiedener Vereine. Darüber hinaus waren nicht alle dieser Vereine professionell geführt – 1901 war die Mehrzahl der den Sozialdemokraten nahestehenden Konsumgenossenschaften jedenfalls konkursreif.

Teile der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei standen den Konsumvereinen ohnedies eher skeptisch gegenüber, wie etwa Franz Schuhmeier, dessen Genossen in Ottakring schlechte Erfahrungen mit dem zusammengebrochenen Konsumverein "Brüderlichkeit" gemacht hatten, oder Jakob Reumann, der vor weiteren Neugründungen warnte und zur Konsolidierung der bestehenden Vereine riet.
 
TF_Konsumverein_Vorwaerts_undHammerbrot_SPOE_BuecherBedingt durch den Wahlkampf, der nicht von bankrotten Vereinen und geschädigten Mitgliedern belastet werden sollte, wurden die am meisten gefährdeten Wiener Bezirkskonsumvereine (Favoriten, Floridsdorf, Landstraße, Simmering und "Gleichheit" in Ottakring) mit Unterstützung der Partei im Frühjahr 1902 in der neuen Konsumgenossenschaft "Vorwärts" zusammengefasst, u.a. auch, um die beiden florierenden Genossenschaften, den Ersten Niederösterreichischen Arbeiter-Konsumverein und den "Fünfhauser Konsumverein" nicht ebenfalls noch in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen.
Die Konsumgenossenschaft "Vorwärts" und die mit ihr verbundenen Hammerbrotwerke sollten auf Jahre hinaus Sorgenkinder der Partei bleiben. Zunächst aber expandierte der neue Verein. Vom ersten Geschäftsjahr 1902 bis zum Jahr 1907 wuchs die Zahl der "Vorwärts"-Filialen von 20 auf 46, die Mitgliederzahl verdreifachte sich von 8.000 auf über 25.000.
 
TF_Konsumverein_Vorwaerts_11Graesslplatz5_SPOE_BuecherAuf längere Sicht erwies sich die Geschäftspolitik des Vorwärts – Aufnahme hoher Kredite, Gründung von Filialen in allen Arbeiterbezirken und scharfe Konkurrenz zu den übrigen Konsumvereinen – als falsch und brachte schließlich selbst die Großeinkaufsgesellschaft für österreichische Consumvereine (GÖC) in große Gefahr. Wegen der ständigen finanziellen Probleme gründete Karl Renner 1912 den "Kreditverband der österreichischen Arbeitervereinigungen", dem es auch gelang, Hammerbrotwerke und GÖC vor dem finanziellen Kollaps zu retten. Saniert wurden die Betriebe schließlich durch ihre Einbindung in die Kriegswirtschaft. 1920 ging die Konsumgenossenschaft "Vorwärts", gemeinsam mit den Konsumvereinen Fünfhaus und Donaustadt, in der neugegründeten Konsumgenossenschaft Wien und Umgebung (KGW) auf.