Die "Sozialistische Arbeiterbildungszentrale", die sich bereits im späten 19. Jahrhundert entwickelt hatte und bis 1934 bestand, war die größte Bildungsinstitution der Arbeiterbewegung weltweit. Zwischen 1891 und 1934 war die seit 1908 "Zentralstelle für das Bildungswesen" genannte Einrichtung die oberste Instanz des österreichischen Arbeiterbildungswesens, und ihre Tätigkeit erstreckte sich nicht nur auf die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, sondern auch auf die Freien Gewerkschaften, die Konsumgenossenschaften und die Arbeiterkammern. Erster Vorsitzender der Zentralstelle war Leopold Winarsky.
Im Jahre 1932 etwa vermittelte die Zentralstelle rund 10.000 Vorträge, davon zwei Drittel Einzelvorträge und ein Drittel Schulungskurse. Mehr als 2.000 Exkursionen führten vorwiegend zu kommunalen Einrichtungen. Die Filmstelle registrierte nahezu 5.000 Entlehnungen; und in 68 Arbeiterbüchereien waren 2,8 Millionen Bücher und 25.000 registrierte Entlehner verzeichnet.
Die Hauptaufgabe der Bildungszentrale war die Verbreitung von politischem Wissen – v.a. der Grundzüge des Marxismus, die Behandlung aktueller Probleme und die Vorbereitung für die praktische Arbeit in der Partei, den Gewerkschaften, den Genossenschaften und anderen Organisationen. Besonderer Wert wurde auf die Entfaltung der "proletarischen Fest- und Feierkultur" sowie auf die "sozialistische Durchdringung des Alltags" gelegt. Zu den maßgeblichen Funktionären der Bildungszentrale, die auch die Zeitschrift "Bildungsarbeit – Blätter für das sozialistische Bildungswesen" herausgab, gehörten Robert Danneberg und Josef Luitpold Stern (als Sekretäre), sowie Max Adler, Otto Felix Kanitz, Richard Wagner und Leopold Thaller.
Eine besondere Einrichtung der Arbeiterbildung war die Arbeiterhochschule, an der neben führenden Funktionären der Partei auch bedeutende Wissenschafter unterrichteten. Dieser Ausbildungsbetrieb begann 1926, musste allerdings bereits 1930 wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten wieder eingestellt werden.
Zu den bekanntesten Schülern der Arbeiterhochschule zählten u.a. Franz Jonas, Karl Maisel und Rosa Jochmann.
Nach 1945 wurde die Zentralstelle für das Bildungswesen im Rahmen des Zentralsekretariats der SPÖ wiedererrichtet; sie besaß Bildungsausschüsse in den Landes- und Bezirksorganisationen sowie Heime in Wien und Baden.
Nachdem der Nationalrat am 9. Juli 1972 das "Bundesgesetz über die Förderung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien sowie der Publizistik" beschlossen hatte, wurde im Jahr darauf an Stelle der Zentralstelle für das Bildungswesen das Dr.-Karl-Renner-Institut zur Aus- und Weiterbildung von Funktionären, Mitarbeitern und Mandataren der SPÖ gegründet. Für die politischen Belange besteht weiterhin eine Bildungsorganisation mit einem Bundesbildungssekretariat und Bildungsausschüssen in den Landes-, Bezirks- und Lokalorganisationen der Partei.
An der früheren Adresse der Zentralstelle in der Schönbrunner Straße befindet sich heute ein Neubau, in dem das AMS Redergasse untergebracht ist.
Literatur: Peter Macalka, Bildungsarbeit in der österreichischen Sozialdemokratie, 1989; Harald Troch (Hrsg.), Wissen ist Macht! Zur Geschichte sozialdemokratischer Bildungsarbeit, 1997; Josef Weidenholzer, Auf dem Weg zum "Neuen Menschen". Bildungs- und Kulturarbeit der österreichischen Sozialdemokratie in der Ersten Republik, 1983.