Die Gasse in Floridsdorf ist nach der am 6. September 1869 gegründeten "Wiener Locomotiv-Fabriks-Actiengesellschaft" benannt. Der Bau der Fabrik in der Brünner Straße (und die Errichtung von sieben Arbeiterwohnhäusern mit 117 Wohnungen) begann 1870 und schon im Juni 1871 verließ die erste Lokomotive die Werkstätten.
Die Floridsdorfer Lokomotivfabrik war ein frühes Zentrum der Wiener Arbeiterbewegung und Ort vieler denkwürdiger Ereignisse. Am 12. August 1882 etwa hielt der Floridsdorfer Oberrabbiner Joseph Samuel Bloch (1850–1923) im großen Saal der Lokomotivfabrik vor Floridsdorfer Arbeitern einen Vortrag zum Thema "Der Arbeiter zur Zeit Jesu". Bloch legte darin dar, dass es in der Antike zwar bei Griechen und Römern, nicht aber in Palästina Sklaverei gegeben habe, dass die Arbeit bei den Juden stets hoch geschätzt wurde und dass auch der arbeitsfreie Wochentag auf ein jüdisches Erbe zurückgehe. Er schloss seinen Vortrag mit folgenden Worten: Nein, nicht der Kampf gegen den Semitismus, sondern der für ihn würde von den wohltätigsten Folgen sein für die arbeitende Bevölkerung, für das Heil des Staates.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Floridsdorfer Lokomotivfabrik die größte und – wie sich später herausstellen sollte –, auch die langlebigste Fabrik ihrer Art in Österreich. 1929 wurde der Wiener Konkurrent, die "Staatseisenbahn-Gesellschaft" (StEG) übernommen, wenig später auch "Krauss & Co." in Linz und "G. Sigl" in Wiener Neustadt.
1939 erhielt Franz Jonas, der nach 1934 arbeitslos geworden war, einen Posten als Verrechnungsbeamter in der Lokomotivfabrik, die während des Krieges mehrmals Ziel schwerer Bombenangriffe war. Nichtdestotrotz konnte bereits im Oktober 1945 die erste Lokomotive des neuen Österreich fertiggestellt werden.
Die Floridsdorfer Lokomotivfabrik, die in der Nachkriegszeit v.a. für die Sowjetunion produzierte, spielte auch als Versammlungsort während des Oktoberstreiks von 1950 eine wichtige Rolle. Nach dem Abzug der Sowjets kam das österreichische Verstaatlichungsgesetz von 1946 auch hier zur Geltung. Die Zahl der Beschäftigten erreichte mit 1.500 Personen bald darauf ihren Nachkriegshöhepunkt.
1958 beschloss die Hauptversammlung die Verschmelzung des Unternehmens mit der Simmering-Graz-Pauker AG. Damit endete die Geschichte der Floridsdorfer Lokomotivfabrik als eigenständiges Unternehmen. Am 19. September 1969 wurde die letzte Floridsdorfer Maschine an die ÖBB übergeben; die Produktion wurde von den Werken Simmering und Graz der SGP übernommen.
Mit der Integration der SGP Verkehrstechnik GmbH in den Siemens-Konzern im Jahr 1997 wurde Siemens Transportation Systems zu einem der weltweit führenden Anbieter von Schienenfahrzeugen für den Nahund Fernverkehr.
Am 25. Juli 1988 wurde das Mahnmal für zehn während der Zeit des Faschismus ermordete Arbeiter der ehemaligen Lokomotivfabrik in der Brünner Straße renoviert und im Vorgarten eines neu errichteten Möbelhauses wieder enthüllt.
Literatur: Johann Stockklausner, Die Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf, 1982.