Paul Lazarsfeld entstammte einer gutsituierten, intellektuellen jüdischen Familie; sein Vater war Rechtsanwalt, seine Mutter Psychologin und Publizistin. "Die Mutter vom Paul Lazarsfeld hatte einen Salon, und in Wirklichkeit sind es ja die Salons gewesen, wo all diese Leute hingekommen sind: vom Max Adler über Fritz Adler bis hin zum Alfred Adler. Also, der Paul Lazarsfeld war sozusagen mitten in der Hautevolee." (Reinhard Müller, Gertrude Wagner im Gespräch mit Christian Fleck, 1984)
Bereits in seiner Schulzeit war Lazarsfeld Aktivist des linken Flügels der Vereinigung sozialistischer Mittelschüler. Nach dem Studium der Mathematik und Physik an der Universität Wien absolvierte er 1924/25 ein Post-Graduierten-Studium in Frankreich, wo er sich dem französischen "Parti Socialiste" anschloss.
Nach seiner Rückkehr nach Wien wirkte Lazarsfeld zunächst als Gymnasialprofessor für Mathematik und Physik und ab 1927 als nicht aus Universitätsmitteln bezahlter Assistent von Karl Bühler (1879–1963) und Charlotte Bühler (1893–1974) am Psychologischen Institut der Universität Wien. In dieses Jahr fällt auch seine Eheschließung mit der Sozialpsychologin Marie Jahoda.
1931 gründete Lazarsfeld, gemeinsam mit Hans Zeisel, die Österreichische Wirtschaftspsychologische Forschungsstelle, die durch ihre Studie über "Die Arbeitslosen von Marienthal" (1933) weltweit Furore machte.
Lazarsfeld und seine Kollegen wandten die empirisch-quantitative Erforschung gesellschaftlicher und politischer Phänomene aber auch auf scheinbar völlig banale Themen an, wie die 1932 durchgeführte "RAVAG-Studie" beweist, in der die Hörerwünsche der österreichischen Radioteilnehmer untersucht wurden, und die heute als Pioniertat der modernen Medienforschung gilt.
Ab 1933 war Lazarsfeld als Stipendiat der "Rockefeller Foundation" in den USA tätig; 1934 erfolgte seine Scheidung von Marie Jahoda, 1935 der Entschluss, endgültig in den USA zu bleiben. Von 1937 bis 1940 war Paul Lazarsfeld "Research Director" und "Co-Director" des von der "Rockefeller Foundation" geförderten "Office of Radio Research" an der Princeton University in New Jersey, welches 1939 an die Columbia University verlegt wurde und 1944 den Namen "Bureau of Applied Social Research" erhielt.
Lazarsfeld, der ab 1939 ständig in New York lebte und 1943 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft annahm, war bis 1971 Fakultätsmitglied und Soziologieprofessor an der Columbia University in New York und einer der Leiter des "Bureau of Applied Social Research". Zeitlebens betrachtete er sich "als Marxist auf Urlaub".
Daneben übte er zahlreiche weitere Tätigkeiten als Berater und Gastprofessor (u.a. in Oslo und Paris) aus. 1963 gehörte er zu den Mitbegründern des Instituts für Höhere Studien in Wien, an dem er wiederholt als Gastvortragender tätig war. Seine Arbeiten zur Methodenlehre der empirischen Sozialforschung trugen wesentlich zur Entwicklung einer quantitativen Analyse sozialer und politischer Prozesse bei.
„[…] viele der von ihm eingeführten Ideen sind derart vertraut geworden, dass kaum jemand sich noch die Mühe macht, ihm die Urheberschaft zuzurechnen.“ (Raymond Boudon, Nachruf in Le Monde. In: Wolfgang Langenbucher, Paul Felix Lazarsfeld, 2008)
1994 wurde die Lazarsfeldgasse in Floridsdorf nach dem Wissenschaftler benannt.
2013/14 zeigte Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof eine Sonderausstellung über die Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal".
Werk: Jugend und Beruf. Kritik und Material, 1931; Die Arbeitslosen von Marienthal (mit Marie Jahoda und Hans Zeisel), 1933; Radio Research, 1944; The language of social research, 1955; The peoples choice, 1955; Persönlicher Einfluß und Meinungsbildung, 1962; Am Puls der Gesellschaft, 1968; Main trends in sociology, 1973.
Literatur: Wolfgang R. Langenbucher (Hrsg.), Paul F. Lazarsfeld. Die Wiener Tradition der empirischen Sozial- und Kommunikationsforschung, 1990; Jacques Lautman, Paul Lazarsfeld (1901–1976). La sociologie de Vienne à New York, 1998; Desmond Mark (Hrsg.), Paul Lazarsfelds Wiener RAVAG-Studie 1932. Der Beginn der modernen Rundfunkforschung, 1996; Sabine Reichard-Kürzel, Paul Felix Lazarsfeld, 1996; Reinhard Müller, Marienthal. Das Dorf – Die Arbeitslosen – Die Studie, 2008.