Kelsen, Hans

11.10.1881, Prag – 19.4.1973, Berkeley (USA)

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Der Staats- und Verwaltungsrechtler Hans Kelsen war von 1911 bis 1930 an der Universität Wien tätig, seit 1919 als Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht. Von 1921 bis 1929 war Kelsen auch Mitglied des Verfassungsgerichtshofs. Er entwickelte die "Reine Rechtslehre", eine von aller politischen Ideologie und allen naturwissenschaftlichen Elementen gereinigte Rechtstheorie, die auch als "Wiener Schule" des Rechtspositivismus bekannt wurde und Kelsen weltweit zu wissenschaftlichem Ansehen verhalf – die "Reine Rechtslehre" wurde sogar ins Japanische und Koreanische übersetzt.

Staatskanzler Karl Renner betraute den frischgebackenen Rechtsprofessor 1919 mit der Ausarbeitung einer republikanischen Verfassung. Diese 1920 beschlossene Verfassung bildet bis heute den Kern der österreichischen Bundesverfassung (B-VG 1920) und zeichnet sich durch besondere Präzision und methodische Klarheit aus.

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Kelsen war der Sozialdemokratie und der Gedankenwelt des Austromarxismus verbunden, etwa durch die von ihm vertretenen Auffassungen, dass sich nur in der parlamentarischen Demokratie eine positive Entwicklung entfalten könne und dass Fortschritte nur durch eine Verbesserung des Staates erreichbar seien. Weil Kelsen von reaktionären Kräften heftig angefeindet wurde, verließ er Wien im Jahr 1930, lehrte vorübergehend in Köln, musste 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung emigrieren, wirkte anschließend in Genf (1933–1935 und 1938) und Prag (1936–1938), wo er Völkerrecht lehrte, sowie ab 1940 an verschiedenen Universitäten in den USA.

Eine Gedenktafel mit Porträtrelief in der Wickenburggasse 23 im 8. Bezirk erinnert daran, dass Hans Kelsen von 1912 bis 1930 in diesem Haus wohnte. Seit 1981 erinnert auch die Kelsenstraße in Wien-Landstraße an Hans Kelsen.

Anlässlich des 90. Geburtstags von Hans Kelsen wurde 1972 das Hans Kelsen-Institut gegründet, das der wissenschaftlichen Aufarbeitung der "Reinen Rechtslehre" dient. Das Institut in der Gymnasiumstraße 79 im 19. Bezirk gibt eine eigene Schriftenreihe heraus und publizierte bereits eine Vielzahl rechtstheoretischer Werke.

Werk: Sozialismus und Staat, 1920; Vom Wesen und Wert der Demokratie, 1920; Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, 1923; Allgemeine Staatslehre, 1925; Grundriß einer allgemeinen Theorie des Staates, 1926; Reine Rechtslehre, 1934; The Law of the United Nations, 1950; Was ist Gerechtigkeit?, 1953; Naturrechtslehre und Rechtspositivismus, 1961.
Literatur: Matthias Bernold, Hans Kelsen: Baumeister der Verfassung, WZ-online; Jochen von Bernstorff, Der Glaube an das universale Recht, 2001; Karl Bruckschwaiger, Die Rolle von Philosophie und Politik bei Hans Kelsen, 2002; Horst Dreier, Rezeption und Rolle der reinen Rechtslehre, 2001; Thomas Fritzsche, Die Reine Rechtslehre im Lichte des Kritischen Rationalismus, 2002; Carsten Heidemann, Die Norm als Tatsache, 1997; Clemens Jabloner (Hrsg.), Logischer Empirismus und Reine Rechtslehre, 2001; Adolf Merkl (Hrsg.), Festschrift für Hans Kelsen zum 90. Geburtstag, 1971; Robert Walter (Hrsg.), Hans Kelsens stete Aktualität, 2003.