Die in der Antike weitverbreitete Feuerbestattung wurde im Jahr 785 durch Kaiser Karl den Großen als "heidnischer Brauch" bei Androhung der Todesstrafe verboten. Dieses Verbot wirkte durch das gesamte Mittelalter bis in die Neuzeit, und noch im Jahr 1909 berief sich der österreichische Verwaltungsgerichtshof anlässlich der geplanten Errichtung einer Feuerhalle in Graz darauf. Somit blieb die Erdbestattung bis ins späte 19. Jahrhundert – und in Österreich noch um einiges länger – die einzige zulässige Art der Bestattung.
Da die Zulassung der Feuerbestattung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts v.a. von antiklerikalen Parteien und Vereinen, wie etwa den Freidenkern, vehement propagiert wurde, nahm die Auseinandersetzung bald die Form eines Kulturkampfes an. Es war v.a. die wachsende Arbeiterschaft in den Städten, die sich der "Klassenreligion" zusehends entfremdet fühlte, und deshalb, unterstützt von den sozialdemokratischen Parteien und diversen, der Sozialdemokratie nahestehenden Vereinen, die Zulassung der Feuerbestattung forderte.
Als Friedrich Siemens 1873 einen ersten wirklich brauchbaren Ofen konstruierte, rückte das Ziel einer Freigabe der Feuerbestattung einen großen Schritt näher. Noch im selben Jahr wurde in England das erste Krematorium eröffnet, dem bald darauf eines im katholischen Italien (Mailand 1876) folgte. Deutschland erhielt sein erstes Krematorium im Jahr 1878 in Gotha, Zürich und Paris folgten im Jahr 1889.
Ein Modell des Siemens'schen Ofens wurde zwar auch in den Verkaufsräumen der Firma am Wiener Opernring präsentiert, doch als 1874 bei der Fertigstellung des neuen Zentralfriedhofs der Antrag gestellt wurde, Vorkehrungen für die Errichtung einer Leichenverbrennung zu treffen, wurde dieses Ansinnen abgelehnt.
Im Jahr 1885 erfolgte deshalb die Gründung des Vereins der Freunde der Feuerbestattung – "Die Flamme", dessen erklärtes Ziel die Freigabe der Kremation war.
Als der Verein 1896 neuerlich die Errichtung eines Krematoriums in Österreich beantragte, wurde dies wiederum abgelehnt; die wenigen einäscherungswilligen und zahlungskräftigen Kunden mussten ins benachbarte Ausland, v.a. nach Gotha, ausweichen.
Im Jahr 1918 gelang es den Befürwortern der Feuerbestattung, allen voran Oskar Siedek und dem Verein "Die Flamme", die Errichtung einer Feuerhalle im nordböhmischen Reichenberg (Liberec) durchzusetzen.
1921 war es dann auch in Wien soweit. Der Wiener Gemeinderat beschloss die Errichtung eines Krematoriums, welches bereits Ende des Jahres 1922 beim Zentralfriedhof fertiggestellt werden konnte.
Die feierliche Eröffnung durch den sozialdemokratischen Bürgermeister Jakob Reumann erfolgte am 17. Dezember 1922, und am 17. Januar des darauf folgenden Jahres konnte die erste Einäscherung in Gegenwart des Bürgermeisters und der Stadträte vorgenommen werden.
Um den Bau und die Inbetriebnahme des Krematoriums kam es jedoch zu einem schweren Konflikt zwischen der katholischen Bundesregierung unter Prälat Ignaz Seipel und der sozialdemokratischen Gemeindeverwaltung Wiens.
Der Minister für soziale Verwaltung Richard Schmitz hatte die Inbetriebnahme der fertigen Anlage nämlich untersagt, weshalb die Bundesregierung den Wiener Bürgermeister, der sich über die ministerielle Weisung hinwegsetzte, vor dem Höchstgericht verklagte.
Durch einen Beharrungsbeschluss des Wiener Gemeinderates blieb das neue Krematorium vorübergehend in Betrieb, und im Jahr 1924 wurde der Disput vom VfGH zur allgemeinen Überraschung zugunsten der Gemeinde Wien entschieden. Bald folgten weitere Arbeiterhochburgen dem Beispiel der Bundeshauptstadt: 1927 Steyr, 1929 Linz, 1931 Salzburg und 1932 Graz.
Nach den Februarkämpfen des Jahres 1934 wurde auch der Arbeiter-Feuerbestattungsverein "Die Flamme" aufgelöst und seine Mitglieder dem Verein "Vorsorge" zugewiesen. 1938 ging dieser im "Ostmärkischen Feuerbestattungsversicherungsverein" auf.
Die katholische Kirche beharrte noch lange auf ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung. Erst im Jahr 1964 wurden die kirchlichen Vorbehalte gegenüber der Feuerbestattung deutlich abgeschwächt: Jenen Personen, die ihren Leib zur Verbrennung bestimmt hatten, sollten die "kirchlichen Wohltaten" fortan nicht mehr verweigert werden.
Die Zahl der Feuerbestattungen ist seither allerdings nicht signifikant gestiegen. Im Gegensatz zu Großbritannien, das den höchsten Anteil an Kremationen aufweist, oder den skandinavischen Staaten, die mit ihren Aschenstreufeldern eine sehr eigenständige Kultur der Feuerbestattung entwickelt haben, erfreut sich die Verbrennung in Österreich keiner besonderen Beliebtheit. Wie die vom Statistischen Zentralamt ermittelten Zahlen beweisen, war der Anteil der Urnenbestattungen in Wien lange Zeit rückläufig: 1982: 4.358, 1986: 3.767, 1998: 2.815, 2002: 2.643. Heute verzeichnet die Bestattung Wien etwa 6.500 Feuerbestattungen jährlich. Ein Grund für diese Trendumkehr düften die sogenannten "Naturbestattungen" am Waldfriedhof des Zentralfriedhofs sein.
Literatur: Werner T. Bauer, Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens, 2004.