Das Arbeitertheater, das einen bedeutenden Teil der sozialistischen Fest- und Feierkultur gestaltete, entwickelte sich seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts. 1906 gründete der linke Publizist und Redakteur der Arbeiter-Zeitung, Stefan Großmann, nach dem 1890 ins Leben gerufenen Berliner Vorbild und mit Unterstützung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei die "Freie Wiener Volksbühne", einen Theaterverein ohne festes Haus, dessen Ziel es war, der Arbeiterschaft den Zugang zu den Werken der deutschen Klassik und der zeitgenössischen Moderne zu erschließen.
Unter Großmanns Leitung genoss die Bühne bald großes Ansehen. Alfred Kubin entwarf Bühnenbilder; später berühmte Schauspieler wie Raoul Aslan, Ernst Deutsch und Max Pallenberg traten hier in jungen Jahren auf. 1910 zählte die Volksbühne über 30.000 Abonnenten.
Allerdings legte Großmann bereits 1913 nach längeren Querelen mit der Partei die Theaterleitung nieder und ging zurück nach Berlin. In der Zwischenkriegszeit entwickelte sich das Arbeitertheater mehr in Richtung Kleinkunst- und Agit-Prop-Theater.
Mit satirischen Liedern und Rezitationen warben "Blaue Blusen"-Gruppen – blaue Blusen waren die "Uniform" der Sozialistischen Arbeiterjugend – für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei.
1932 wurden verschiedene Arbeiter- und Bauerntheatergruppen zu den Roten Spielern (Leitung: Edmund Reismann) zusammengeschlossen. Die Zeitschrift "Die politische Bühne", herausgegeben von der Sozialistischen Veranstaltungsgruppe Wien (Redaktion: Robert Ehrenzweig) galt als das offizielle Organ der "Roten Spieler", die in acht Gruppen an insgesamt vierzig verschiedenen Orten auftraten; zu ihren Autoren gehörte u.a. auch Jura Soyfer. Das Arbeitertheater erlangte in Österreich allerdings niemals jene Bedeutung, die es etwa in der Weimarer Republik spielte.
Literatur: Jürgen Doll, Theater im Roten Wien. Vom sozialdemokratischen Agitprop zum dialektischen Theater Jura Soyfers, 1997; Hans Magschok, Rote Spieler Blaue Blusen, 1983; Alfred Pfoser, Literatur und Austromarxismus, 1980; Brigitte Zarzer, Arbeitertheater in der österreichischen Sozialdemokratie (1918–1934), 1993.