Thury-Hof

9., Marktgasse 3-7

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Der in den Jahren 1925/26 nach Plänen von Viktor Mittag und Karl Hauschka auf dem Grund einer ehemaligen Ziegelei errichtete Thury-Hof umfasst 107 Wohnungen und verdankt seinen Namen der früheren Vorstadt "Am Thury", die wiederum nach ihrem Begründer Johann Thury (1646) benannt wurde.

Die große Anlage mit Innen- und Straßenhof, die auf einem sockelartigen Terrassenvorbau liegt, entspricht mit ihren unregelmäßigen Höfen, Arkaden, Treppen, Lauben, Zinnen, Rundbögen, Spitzgiebeln und dem eigenartigen Banddekor an sich ganz dem "romantischen" Typus der frühen Gemeindebauten und passt sich damit der "bodenständigen" Architektur des Viertels perfekt an. Die Fassade in der Thurygasse mit den kleinen Rundbogenloggien und den übereck gezogenen Balkonen wirkt jedoch überraschend modern.

Im Thury-Hof befinden sich ein Kindergarten und ein Parteilokal, in einem der Höfe ist ein massiver, steinerner Brunnen von Oskar Thiede mit einem Fischkopf als Wasserspeier zu sehen. Interessant sind auch die schmiedeeisernen Beleuchtungskörper.

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An der Fassade in der Marktgasse befindet sich ein in späterer Zeit montierter Ritter mit Schwert und der Inschrift: Wir bitten dich Herrgott, laß uns niemals wankend werden und feige sein, laß uns niemals die Pflicht vergessen, die wir übernommen haben. 

Das Zitat stammt von Adolf Hitler, der es in seiner Rede in Königsberg am 4. März 1933, also am Tag vor der Reichstagswahl, verwendete. Die Rede wurde im "Völkischen Beobachter" vom 5./6. März 1933 unter dem Titel "Hitlertag in Königsberg – Glocken läuten den Tag der Freiheit ein – Der letzte Appell des Führers vom deutschen Osten aus an die Nation" veröffentlicht, das erwähnte Zitat mit "stürmischem Beifall" akklamiert.

2010 wurde eine Installation von Maria Theresia Litschauer angebracht, die eine Kontextualisierung dieses nationalsozialistischen Werks herstellt.

Literatur: Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien im IX. Bezirk "Thury-Hof", Marktgasse, Thurygasse, Salzergasse, Festbroschüre. Hans und Rudolf Hautmann, Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919–1934, 1980; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919–1934, 1985/2002; Walter Zednicek, Architektur des Roten Wien, 2009.