Jensen, Fritz (eigentl. Friedrich Jerusalem)

26.12.1903, Prag – 11.4.1955, Flugzeugabsturz

IJ

Ich glaubte, als Gebender, als Lehrender und Mitteilender nach China gekommen zu sein, ich glaubte zu wissen, von wo ich kam und wohin ich ging. Nur in Etappen und in mühsamer Arbeit verwandelte ich mich aus dem "Konsulenten", als der ich angestellt worden war, in den Schüler, der ich einige Jahre hindurch sein mußte, bevor ich mich in bescheidener Weise nützlich machen konnte. 

In einem liberalen jüdischen Elternhaus aufgewachsen, entwickelte sich der Medizinstudent Friedrich Jerusalem, der später unter dem Namen Fritz Jensen bekannt wurde, im künstlerisch wie politisch bewegten Intellektuellenzirkel der "Felonen" zu einem engagierten Kulturrevolutionär. Gleichzeitig trat der abenteuerlustige Jensen während seiner Studienzeit zur Aufbesserung seiner Finanzen gelegentlich auch in einer Ringkämpfertruppe auf.

Jensen_Fritz_um1955_TF_DOEW
Im Februar 1934 gelang es ihm, eine Art Sanitätsdienst aufzubauen, indem er verwundete Schutzbündler heimlich im Lainzer Krankenhaus unterbrachte und besonders gefährdete Februarkämpfer später in seiner Beiwagen-Maschine in die Tschechoslowakei in Sicherheit brachte.

Nach einem Aufenthalt im Internierungslager Wöllersdorf, wo er mehrere Studien- und Kampfsportzirkel leitete, stellte er sich in den Dienst der bedrängten spanischen Republik und leitete unter großem persönlichem Einsatz den Sanitätsdienst seines Bataillons.

Nach der Niederlage der Republikaner war es Jensen, der die Reise mehrerer österreichischer Spanienärzte nach China organisierte und hier in Zusammenarbeit mit dem Chinesischen Roten Kreuz den Kampf gegen die japanischen Okkupanten unterstützte. In seiner Funktion reiste er durch das Land und hielt sich längere Zeit in Chongqing auf, wo er mehrmals mit dem späteren chinesischen Ministerpräsidenten Zhou Enlai zusammentraf.
 
Jensen_Fritz_um1955_chinGoetheUebersetzer_TF_DOEWNach Kriegsende blieb Jensen in China, brachte einige "seiner Ärzte" bei der UNRRA, einer Hilfsorganisation der Vereinten Nationen zur Betreuung von "Displaced Persons", unter und war als Mitarbeiter der UN-Wiederaufbauorganisation an führender Stelle am Aufbau einer medizinischen Basisversorgung beteiligt.
 

1948 kehrte Jensen mit seiner chinesischen Frau Wu'an nach Europa zurück und widmete sich fortan seinen publizistischen Interessen. 1949 erschien in Wien sein Buch "China siegt". 1953 kehrte Jensen als Korrespondent nach China zurück.

Jensen_Fritz_TF2_Kaminski

Seine journalistischen Recherchen führten ihn bis nach Korea und Vietnam, wo er 1954 Ho Chi Minh aufsuchte und österreichische Kriegsgefangene interviewte.

Fritz Jensen kam beim aufsehenerregenden Absturz eines Flugzeuges, das einen Teil der chinesischen Delegation zu einer Konferenz ins indonesische Bandung bringen sollte, und in dem Zhou Enlai vermutet worden war, ums Leben – ein, wie sich später beweisen ließ, Anschlag von Anhängern Tschiang Kaisheks.

Werk: China siegt, 1949; Die Brücke von Berlin nach Peking, 1951; Erlebtes Vietnam, 1955; Opfer und Sieger. Nachdichtungen, Gedichte und Berichte, 1955.
Literatur: Eva Barilich, Fritz Jensen. Arzt an vielen Fronten, 1991.