Am Neuen Markt 3 stand von 1896 bis 1945, als das Gebäude einem Brand zum Opfer fiel, das Hotel "Meissl & Schadn" mit seinem renommierten Restaurant.
Hier wurde am 21. Oktober 1916 der beim Mittagessen sitzende Ministerpräsident Karl Graf Stürgkh, der seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs ohne Parlament regierte, erschossen. Der Attentäter war niemand geringerer als Friedrich Adler, der Sohn des Parteivorsitzenden Victor Adler.
Friedrich Adler wartete an jenem Samstag bis Graf Stürgkh allein an seinem Tisch saß, dann zog er einen Revolver aus der rechten Rocktasche und feuerte drei oder vier Schüsse gegen den Kopf Stürgkhs ab. Dabei soll Adler ausgerufen haben: Nieder mit dem Absolutismus, wir wollen den Frieden!
Der genaue Hergang der Tat und die Anzahl der Schüsse konnten allerdings selbst unmittelbar nach dem Anschlag nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
Beim folgenden Prozess bekannte sich Friedrich Adler zu seiner Tat als einer politischen Aktion und widersprach allen Versuchen, ihn zum "Irrsinnigen" zu stempeln.
Mit der eigenen Partei ging der Angeklagte ebenfalls hart ins Gericht: Ich kann nur sagen, daß die Partei die Laster ihrer Gegner zum Teil angenommen hat; sie ist verchristlichsozialt, sie ist nationalisiert, sie ist verkleinbürgerlicht.
Adler, der ein leidenschaftliches Plädoyer gegen den Krieg hielt und klar stellte, dass er mit dieser Tat ein Zeichen des Kampfes gegen den Krieg setzen wollte, wurde im Mai 1917 zum Tode verurteilt, allerdings wagte man nicht, dieses Urteil zu vollstrecken und wandelte die Todesstrafe schließlich in eine 18jährige Kerkerstrafe um. Adler wurde nach Stein an der Donau überstellt, wo sein philosophisches Hauptwerk "Ernst Machs Überwindung des mechanischen Materialismus" entstand.
Friedrich Adler, der zum Symbol der Friedensbestrebungen der Arbeiterklasse geworden war, wurde am 1. November 1918, unmittelbar vor dem Zusammenbruch der Monarchie, von Kaiser Karl begnadigt und aus dem Zuchthaus entlassen.
Literatur: John Zimmermann, Von der Bluttat eines Unseligen. Das Attentat Friedrich Adlers und seine Rezeption in der sozialdemokratischen Presse, 2000.