Ernst Fischers politische Karriere begann Ende des Ersten Weltkriegs, als der gerade erst 19jährige zum Soldatenrat gewählt wurde. Auch sein literarisches Talent zeigte sich früh. 1920 erschien Fischers erster kulturkritischer Aufsatz im sozialdemokratischen Blatt "Der Arbeiterwille" über eine Ausstellung der Grazer Künstlervereinigung "Freiland". Es klingt wie ein politisches und persönliches Credo, wenn der junge Philosophiestudent damals schrieb: Etwas Neues ist angebrochen, der Morgen einer neuen Zeit vielleicht, und wir bekennen uns zu dem Neuen, weil wir eines vor allem hassen: Erstarren – eines vor allem lieben: Bewegung.
Im selben Jahr trat Fischer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei; von 1927 bis 1934 war er Redakteur der Arbeiter-Zeitung und ab 1933 einer der wichtigsten Exponenten der Linksopposition innerhalb der Sozialdemokratie. Ernst Fischer schrieb auch unter den Pseudonymen Peter Wieden und Pierre Vidal.
Die bittere Niederlage der Sozialdemokratie im Februar 1934 war für Ernst Fischers weiteren Lebensweg entscheidend: Die sozialdemokratische Führung hat versagt. [...] Die Demokratie, dachte ich, hält nicht stand, hat nicht die Kraft, den Faschismus aufzuhalten. Nur die Sowjetunion wird standhalten, also zieh die Konsequenzen, lautete sein Fazit. Fischer wandte sich der KPÖ zu, emigrierte zunächst nach Prag und 1939 weiter nach Moskau, wo er sich gemeinsam mit seiner Frau, der Autorin Ruth Mayenburg, politisch engagierte.
Nach seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 1945 wurde Ernst Fischer Mitglied des Zentralkomitees der KPÖ (bis 1969), Abgeordneter zum Nationalrat (bis 1959) und wirkte von April bis Dezember 1945 in der Regierung Renner als Staatssekretär für Volksaufklärung, für Unterricht und Erziehung und für Kultusangelegenheiten. Als Pragmatiker setzte Fischer zunächst auf Konsens mit den anderen politischen Parteien. Erst mit dem Scheitern einer dauerhaften Regierungsbeteiligung der Kommunisten erfolgte seine doktrinäre "zweite stalinistische Wende".
1969 wurde Ernst Fischer nach heftiger Kritik an der Niederschlagung des "Prager Frühlings" aus der KPÖ ausgeschlossen – das Ende eines jahrelangen und schmerzhaften Ablösungsprozesses, den Fischer in seinem autobiographischen Werk "Das Ende einer Illusion" (1973) beschrieb.
Ernst Fischer, der mit dem Karl-Renner-Preis für Publizistik ausgezeichnet wurde, bleibt v.a. durch sein schriftstellerisches Werk und als Theoretiker eines undogmatischen Marxismus in Erinnerung. Seit 1955 war Fischer mit der Publizistin, Übersetzerin und früheren Frau des Komponisten Hanns Eisler, Louise Eisler-Fischer (1906–1998), verheiratet.
Werk (Auswahl): Krise der Jugend, 1931; Freiheit und Diktatur, 1934; Der österreichische Volkscharakter, 1944; Österreich 1848, 1946; Von der Notwendigkeit der Kunst, 1961; Zeitgeist und Literatur, 1964; Kunst und Koexistenz, 1966; Erinnerungen und Reflexionen, 1969; Das Ende einer Illusion, 1973. Von Grillparzer zu Kafka, 1975.
Literatur: Bernhard Fetz (Hrsg.), Ernst Fischer. Texte und Materialien, 2000.