Emil Reich wurde als Sohn einer mährischen Fabrikantenfamilie geboren, die bald nach seiner Geburt nach Wien übersiedelte. Reich, der hier Nationalökonomie, Geschichte und Ästhetik studierte, promovierte mit 22 Jahren zum Doktor der Philosophie, habilitierte sich vier Jahre später für Praktische Philosophie und Ästhetik und wurde 1904 außerordentlicher Professor. Obwohl ihm eine ordentliche Professur zeitlebens verwehrt blieb, machte sich Reich mit Forschungen über Grillparzer und Ibsen einen Namen und erlangte auch als Kunstkritiker hohes Ansehen.
Reich sah es als seine Pflicht an, die Erkenntnisse der Wissenschaft einem breiteren Publikum, insbesondere auch der Arbeiterschaft, zugänglich zu machen und wandte sich früh der noch jungen Idee der Volksbildung zu. Er war an der Gründung der "Volkstümlichen Universitätsvorträge" 1895 beteiligt und rief 1901 gemeinsam mit Ludo Moritz Hartmann die "Volkshochschule Wien Volksheim" in Ottakring ins Leben. Auf Arbeiterversammlungen warb er regelmäßig für die Sache der Volksbildung.
Reich, der bereits 1934 seine Funktionen im Volksheim aus politischen Gründen zurücklegen musste, verlor 1938 seine Lehrberechtigung "aus rassischen Gründen", entging jedoch der Verschickung in ein Konzentrationslager und starb 1940 vereinsamt in Wien.
Die in den Jahren 1955–57 errichtete städtische Wohnhausanlage, 19., Döblinger Hauptstraße 87-93, wurde Anfang 1958 Emil Reich-Hof benannt.
Werk: Die bürgerliche Kunst und die besitzlosen Volksklassen, 1894; Volkstümliche Universitätsbewegung, 1897; Kunst und Moral. Eine ästhetische Untersuchung, 1901; Franz Grillparzers Dramen. 15 Vorlesungen, 1909; Henrik Ibsens Dramen. Zwanzig Vorlesungen, 1913; 25 Jahre Volksheim. Eine Wiener Volkshochschul-Chronik, 1926; Gemeinschaftsethik, 1935.
Literatur: Christian Stifter, Soziale Kunst und Wissenschaftliche Volksbildung. Emil Reich 1864-1940. In: Spurensuche, 3. Jg., 1992.