Julius-Tandler-Heim

9., Lustkandlgasse 50, Ayrenhoffgasse 5-9

Tandler_heim_head_08

IJ

TF_Tandlerheim_BM09
Am 18. Juni 1925 wurde die Kinderübernahmsstelle der Stadt Wien, die auf Initiative von Stadtrat Julius Tandler nach Plänen von Adolf Stöckl errichtet wurde und weltweit die erste Institution dieser Art war, eröffnet. Sie hatte die Aufgabe, alle der Gemeinde Wien zur Betreuung übergebenen Kinder aufzunehmen, zu untersuchen und die nötigen weiteren Maßnahmen zu veranlassen.
 
Die Kinder wurden einige Zeit lang beobachtet, medizinisch versorgt und anschließend in Privatpflege oder in ein städtisches Heim überstellt. Zwischen 1925 und 1934 wurden hier etwa 63.000 Kinder und Jugendliche betreut.
TF_Tandlerheim2_BM09Die Anlage umfasst mehrere voneinander getrennte Objekte: die eigentliche Kinderübernahmestelle; die Erweiterung des älteren und von der Gemeinde Wien übernommenen "Karolinen-Kinderspitals" Ecke Ayrenhoffgasse / Sobieskigasse, die früheren Wohngebäude für Teile des Personals, die Schulzahnklinik in der Ayrenhoffgasse und eine Prosektur in der Pulverturmgasse.
 
Die Kinderübernahmestelle wurde in den Jahren 1964/65 entsprechend den geänderten Anforderungen und Möglichkeiten umgebaut und um zusätzliche Einrichtigen, die v.a. der psychologischen Betreuung dienen, erweitert.
 
TF_Tandlerheim_Digi
Bei seiner Wiedereröffnung am 22. November 1965 wurde das Heim nach Julius Tandler benannt.
 
Wer Kindern Paläste baut... ist hier auch architektonisches Programm. Die großzügige Anlage vermittelt eher den Eindruck eines noblen Sanatoriums (mit Anklängen an ein Renaissanceschloss mit Arkadenhof!) als den eines kommunalen Heims und ist reich verziert (Majolika-Wickelkind über dem Portal, Terrakottadekor, Steinreliefs).

Die von Anton Hanak ursprünglich für den Garten entworfene Brunnenfigur "Magna Mater" befindet sich heute im Rathauspark von Mauer (Liesing).

Am 26.8.1946, anlässlich des 10. Todestages von Julius Tandler, wurde im Hof der Kinderübernahmsstelle eine vom Bildhauer Josef Riedl geschaffene Gedenktafel enthüllt. 1950 erhielt Riedl dann den Auftrag zur Errichtung der zwei Gedenktafeln zu beiden Seiten des Portals in der Lustkandlgasse.

Heute sind in dem Gebäude mehrere Kindergartengruppen und ein Hort der MA 10 untergeracht, außerdem ist hier der Sitz der Wiener Volkshochschulen.

Literatur: Kinderübernahmestelle der Gemeinde Wien im IX. Bezirk, Lustkandlgasse, Ayrenhoffgasse, Sobieskigasse. Festbroschüre; Helmut Weihsmann, Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934, 1985/2002.