Arbeitergasse

5. Bezirk

Head_arbeitergasse26_digi

A

In der Arbeitergasse 22-30 in Margareten liegt eine der ältesten Arbeiterwohnhausanlagen Wiens, das "Carolinum", ein 1872 errichteter einheitlicher Wohnblock. Bauherr war der katholische Maria-Elisabeth-Verein, ein privater Fürsorgeverein, dessen Mitglieder v.a. adelige Damen waren. Benannt wurde der Komplex nach der früheren Kaiserin Karolina Augusta, (1792-1873), die dem Verein eine ansehnliche Summe spendete. Neben der philanthropischen Absicht mag auch die Überlegung eine wichtige Rolle gespielt haben, die wachsende Arbeiterschaft nicht kampflos der Sozialdemokratie zu überlassen.

R_TF_Arbeitergasse_Digi

Mehr als hundert Arbeiterfamilien konnten hier Quartier finden; 25 Wohnungen bestanden aus nur einem Raum, 70 aus zwei, 10 aus drei Räumen. Auf die christliche Motivation des Vereins weist eine Madonnenfigur an der Fassade und eine hofseitig gelegene Kapelle hin. Der Besuch der Messen war mehr oder weniger verpflichtend. Im Erdgeschoss befand sich eine von geistlichen Schwestern geführte "Kinderbewahranstalt" für die Kinder berufstätiger Frauen. Die Anlage war grundsätzlich nicht auf Gewinn ausgerichtet, weshalb die Mieten wesentlich geringer waren als in vergleichbaren Zinskasernen.
Die Anlage wurde 1939 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und verkauft; 1949 erhielt der Verein Teile davon zurück. 1977 wurde die Anlage dem Verein "Rat und Hilfe" geschenkt und in den Jahren 1993 bis 1995 generalsaniert.

Literatur: Inge Podbrecky, Rotes Wien, 2003.