Am 22. Januar 1933, eine knappe Woche vor der Ernennung Adolf Hitlers zum deutschen Reichskanzler, gründeten sozialistische Autoren wie Josef Luitpold Stern, Fritz Brügel, Theodor Kramer und Rudolf Brunngraber in Wien die "Vereinigung sozialistischer Schriftsteller". Sie wollten damit alle Schriftsteller, deren Weltanschauung der Sozialismus ist, zur geistigen und materiellen Förderung ihrer Arbeit sammeln, und eine Zusammenarbeit mit gleichgearteten künstlerischen Vereinigungen herbeiführen. Obmann der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller wurde Josef Luitpold Stern.
Am 30. April 1933 informierte die Arbeiter-Zeitung über die Vorbereitungen für einen "zeitgemäßen Literaturkurs" mit dem Thema: Die verfolgte Literatur in Deutschland und die Ankündigung der Nationalsozialisten, Bücher verfemter Autoren öffentlich zu verbrennen. Der Beginn dieser Vortragsreihe, die im Saal der sozialistischen Bildungszentrale im 5. Bezirk abgehalten wurde, war für den 10. Mai festgesetzt, genau an jenem Tag, als die Nationalsozialisten die Werke von Karl Marx, Erich Kästner, Sigmund Freud, Kurt Tucholsky oder Carl von Ossietzky in die Bücherscheiterhaufen warfen.
Zwei Tage später veröffentlichte der emigrierte bayrische Dichter Oskar Maria Graf im Zentralorgan der österreichischen Sozialdemokratie seinen leidenschaftlichen Protest "Verbrennt mich!". Die Zentralstelle für das Bildungswesen ließ Stempel mit dem Text "Dieses Werk wurde aus Hitler-Deutschland verbannt! Urteilen Sie selbst!" anfertigen, um damit die in den Arbeiterbüchereien aufgestellten Werke "verbrannter Autoren" zu kennzeichnen. Von Mai bis August 1933 fanden in Wien insgesamt 41 Veranstaltungen – meist Vorträge mit anschließenden Rezitationen – über die Bücherverbrennungen in Deutschland statt.
Vortragende waren Mitglieder der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller wie Alfred Apsler, Fritz Brügel, Rudolf Brunngraber, Otto König, Lotte Pirker, Josef Luitpold Stern und Edwin Zellweker.
Die Vereinigung sozialistischer Schriftsteller verschaffte sich, sehr zum Missfallen der deutschen Delegierten, auch anlässlich des XI. internationalen PEN-Kongresses, der vom 25. bis 28. Mai 1933 in Dubrovnik stattfand, Gehör und ergriff für die verfolgte deutsche Literatur das Wort, während die offiziellen österreichischen Vertreter schwiegen.
Die nationalsozialistische Barbarei holte viele Mitglieder der Vereinigung nur wenige Jahre später ein. Die Schriftstellerin Thekla Merwin (und ihre Tochter Magda, 1944), der Anwalt und Schriftführer der Vereinigung Heinrich Steinitz (1942) und der Lyriker Adolf Unger (1942) wurden in Auschwitz ermordet. Der Dichter Walter Lindenbaum starb 1945 nach seinem Transport von Auschwitz ins KZ-Buchenwald.
Käthe Leichter wurde 1942 in Bernburg an der Saale ermordet. Die Erzählerin Adele Jellinek ging 1943 im Ghetto Theresienstadt zugrunde. Die Literatin Else Feldmann wurde am 14. Juni 1942 von Wien nach Sobibor deportiert und dort ermordet, und der Arbeiterdichter Benedikt Fantner, der bei den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatte, wurde 1942, nachdem er zuvor ins KZ-Dachau verschleppt worden war, mit einem sogenannten Invalidentransport nach Hartheim bei Linz verschickt und dort ermordet.
Anderen gelang die Flucht ins Exil, aus dem nach dem Krieg nur wenige wieder zurückkehrten.
Literatur : Siglinde Bolbecher und Konstantin Kaiser, Lexikon der österreichischen Exilliteratur, 2000; Herbert Exenberger (Hrsg.), "Als stünd' die Welt in Flammen". Eine Anthologie ermordeter sozialistischer SchriftstellerInnen, 2003.