Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ)

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Seit 1889 gab es in Wien verschiedene Debattierklubs und lose Zusammenschlüsse fortschrittlicher und sozialdemokratischer Studenten; als erste Vorläuferorganisation des VSStÖ konstituierte sich schließlich 1893 die "Freie Vereinigung Sozialistischer Studenten". Gründungsobmann wurde Max Adler. Dieser Diskussionszirkel, in dem sich Studierende wie Käthe LeichterRudolf HilferdingAlfred AdlerKarl Renner und viele andere zusammentaten, war die erste Gruppe von Studierenden, die mit den Zielen der jungen Arbeiterbewegung sympathisierte.

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Innerhalb der Sozialdemokratie positionierten sich die sozialistischen Studierenden am linken Flügel rund um Personen wie Max Adler oder Friedrich Adler. Sie waren aktiv am Kampf um die Einführung des allgemeinen Wahlrechts beteiligt, aber auch an Initiativen gegen den Wahnsinn des Ersten Weltkriegs, weswegen der Verband von den Behörden zeitweise sogar verboten wurde.

1917 wurde mit Anna Frey die erste Frau "Obmann" der "Freien Vereinigung sozialistischer Studenten". 1924/25 wurden die Studentengruppen in Wien, Graz und Innsbruck unter dem bundesweiten "Verband Sozialistischer Studenten" (VSStÖ) vereinigt.
 
In der Ersten Republik machte der Widerstand gegen deutschnationale und antisemitische Umtriebe an Österreichs Universitäten die sozialistischen Studierenden regelmäßig zu Zielscheiben rechtsextremer Gewalt. Anfang der 1930er Jahre zählte die sozialdemokratische Studentenorganisation mehr als 2.000 Mitglieder. Im Februar 1934 wurde der Verband verboten. Zahlreiche Mitglieder des VSStÖ verloren im österreichischen Bürgerkrieg des Jahres 1934 und als Angehörige der internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) im Kampf gegen den Faschismus ihr Leben. In den Jahren der NS-Diktatur wurden zahlreiche VSStÖler vertrieben, andere wurden Opfer politischer Verfolgung.

Bereits im April 1945 wurde die sozialistische Studentengruppe in Wien neu gegründet. Ihren Kern bildete eine Widerstandsgruppe am Chemischen Institut der Universität Wien, zu der auch die beiden Assistenten Kurt Horeischy und Hans Vollmar gehört hatten, die unmittelbar vor der Befreiung von ihrem Professor Jörn Lange erschossen wurden, als sie diesen an der Zerstörung des wertvollen Elektronenmikroskops hindern wollten.
 
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Im Frühjahr 1946 bezogen die sozialistischen Studenten ihr erstes Lokal in der Waaggasse 1 im 4. Bezirk. Im Juli 1946 wurde der Verband Sozialistischer Studenten Österreichs (VSStÖ) formell neu gegründet. In den folgenden Jahren war das politische Leben an den österreichischen Hochschulen von heftigen Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen und rechten Gruppen geprägt, wobei es auch wiederholt zu tätlichen Auseinandersetzungen kam. Der VSStÖ kämpfte entschieden, allerdings weitgehend erfolglos gegen die Rückkehr nationalsozialistischer Professoren an die Hochschulen.

Einen Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen bildete die Affäre um den Wiener Wirtschaftsprofessor Taras Borodajkewycz, in deren Verlauf der ehemalige KZ-Häftling Ernst Kirchweger bei einer Demonstration am 31. März 1965 von einem Burschenschafter erschlagen wurde. Der damalige VSStÖler und spätere Finanzminister Ferdinand Lacina trug mit seinen schriftlichen Aufzeichnungen wesentlich dazu bei, dass der antisemitische Professor schließlich abtreten musste.

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Der Sitz des VSStÖ befand sich später in der Werdertorgasse 6, ab 1977 am Schmerlingplatz 2 im 1. Bezirk. In den 1970er Jahren griff der VSStÖ wieder stärker auf den Austromarxismus zurück und beteiligte sich an den Protestbewegungen gegen den Vietnamkrieg oder gegen das AKW Zwentendorf. Die logische Folge waren z.T. sehr heftige Konflikte mit der Parteiführung. Nachdem der VSStÖ, auch aufgrund ständiger interner Querelen, bis in die Mitte der neunziger Jahre kontinuierlich an Einfluss verloren hatte, gelang es bei den ÖH-Wahlen 1995 erstmals, die Dominanz der ÖVP-nahen Gruppierungen an der ÖH-Spitze zu durchbrechen und mit Agnes Berlakovich die erste Frau zur Vorsitzenden der Österreichischen HochschülerInnenschaft zu wählen.

Im Jahr 2004 beschloss die schwarz-blaue Bundesregierung eine Novelle zum Hochschülerschaftsgesetz (HSG), nach der die StudentInnen die Bundesvertretung der ÖH nicht mehr direkt wählen können. Stattdessen werden die MandatarInnen dieses Gremiums von den Universitäts- und Akademievertretungen der einzelnen Hochschulen gemäß der Mandatsstärke der jeweiligen Fraktionen entsendet – wodurch eine konservative Mehrheit in der Bundesvertretung garantiert werden sollte.

Unter den früheren Bundesvorsitzenden des VSStÖ befinden sich zahlreiche bekannte Persönlichkeiten der österreichischen Sozialdemokratie wie Fritz MarschKarl Blecha, Peter Jankowitsch, Hannes Androsch oder Michael Häupl.

Verband sozialistischer StudentInnen Österreichs Bundesorganisation
5., Amtshausgasse 4
Tel.: (0) 676 385 88 12

Verband sozialistischer StudentInnen Wien
1., Bartensteingasse 4
Tel.: 406 07 82

Literatur: Paulus Ebner und Karl Vocelka, Die zahme Revolution. '68 und was davon blieb, 1998; Ariane Heilingsetzer, Maria Mesner, Heinz Rögl und Fritz Weber (Hrsg.), Zur Geschichte des Verbandes sozialistischer Studenten Österreichs (VSSTÖ) 1945–1970, 1989; Sigrid Nitsch, Die Entwicklung des allgemeinpolitischen Vertretungsanspruches innerhalb des Verbandes Sozialistischer StudentInnen Österreichs (VSStÖ) in Wien im Zeitraum von 1965 bis 1973, 2004; Wolfgang Speiser, Die sozialistischen Studenten Wiens 1927–1938, 1986; Marie Tidl, Die Roten Studenten. Dokumente und Erinnerungen 1938–1945, 1976; Helge Zoitl, "Student kommt von Studieren!" Zur Geschichte der sozialdemokratischen Studentenbewegung in Wien, 1992.