Symbole, sozialdemokratische

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Die verschlungenen Hände 

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Bis zum Ersten Weltkrieg besaß die sozialdemokratische Bewegung kein offizielles Parteiabzeichen. Die verschiedenen Organisationen, die sich den sozialistischen Idealen verbunden fühlten, entwickelten jeweils eigene Symbole, d.h. die Kinderfreunde und die Naturfreunde hatten ebenso ihre eigenen Abzeichen wie der Verein jugendlicher Arbeiter, der Verband der Arbeiter-Radfahrvereine, die Arbeiter-Turner oder der "Arbeiter-Schwimm-Verein".

Einem Zeichen und Symbol fühlten sich jedoch alle verbunden: Die verschlungenen Hände, seit der Renaissance als Symbol der Einigkeit verwendet und ab dem 18. Jahrhundert auch ein beliebtes Emblem der Freimaurerlogen ("Brüder reicht die Hand zum Bunde"), wurden bald zum Arbeitersymbol schlechthin, das manchmal auch mit dem Attribut des Hammers versehen wurde, wie etwa bei der Gründung des ersten Arbeiterbildungsvereins in Gumpendorf. 

Die Naturfreunde wiederum kombinierten – auf Vorschlag Karl Renners – die verschlungenen Hände mit drei Alpenrosen.

Das Symbol zierte bald Fahnen und Standarten, Abzeichen und Briefköpfe, Grafiken und Werbeinserate, aber auch Produkte, die Arbeiterinnen und Arbeiter ansprechen sollten.

Mit dem Erstarken der sozialdemokratischen Bewegung in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts entschied sich die Partei für die Verwendung der verschlungenen Hände in Kombination mit dem Hammer als offizielles Parteisymbol.

Allegorie der Freiheit 

 

Die Allegorie der Freiheit, dargestellt als antike Frauengestalt, kam bereits während der Französischen Revolution, besonders aber seit der Pariser Kommune (1871) auf.

Als ikonographische Vorbilder dienten die Göttinnen Pallas Athene (Weisheit), Justitia (Gerechtigkeit), Äquitas (Gleichheit / Gerechtigkeit), Viktoria (Siegesgöttin), Gloria (Ruhm), Fortitudo (Tapferkeit) oder Veritas (Wahrheit).

Die sozialistische Bewegung übernahm diese Allegorie der Freiheit und schmückte sie, so wie es bereits bei den revolutionären Festzügen im Paris des späten 18. Jahrhunderts üblich war, zusätzlich mit der phrygischen Mütze (auch als "Jakobinermütze" bezeichnet).

Die Kopfbedeckung des Volkes der Phrygier, die in der Antike oft als Galeerensklaven eingesetzt wurden, avancierte somit zum Attribut der allegorischen Personifikation der Freiheit. Die Allegorie der Freiheit findet sich auf zahlreichen Abzeichen, Bildpostkarten oder auch als Illustration von Festschriften.

Allegorie des Arbeiters 

                                     

 

Mann der Arbeit aufgewacht!
Und erkenne deine Macht.
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will.

Das männliche Pendant zur "Freiheit" war der stilisierte Arbeiter: Wacker, kämpferisch, willensstark und gerecht, versehen mit diversen Attributen, v.a. Schmiedewerkzeugen wie Hammer, Amboss, Lederschurz oder Arbeitskittel, sowie den gesprengten Ketten als Zeichen der selbsttätigen Befreiung. Der typische Industriearbeiter des 19. Jahrhunderts war Metallarbeiter, Mechaniker oder eben Schmied; zudem verfügte er aufgrund seiner harten Arbeit über den vielzitierten "starken Arm". Die Allegorie des Arbeiters findet sich, ebenso wie jene der Freiheit manchmal auch gemeinsam auf zahlreichen Illustrationen für Maifestschriften, Urkunden und Plakaten.
 

Der Hammer 

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Wir müssen unser aller Willen in einem einzigen Hammer zusammenschmieden und diesen Hammer in die Hände eines Mannes legen, zu dessen Intelligenz, Charakter und gutem Willen wir das nötige Zutrauen haben, damit der aufschlagen könne mit diesem Hammer.  Ferdinand Lassalle, 1864

Der Hammer ist ein uraltes Attribut der überirdischen Macht, den bereits die Götter Thor und Zeus trugen. Jene Berufsgruppen, die das frühe Industrieproletariat am besten repräsentierten, Schmiede, Metallarbeiter und Bergknappen, verwendeten ihn als Werkzeug. Sie waren es auch, die ihre Symbole in die Arbeiterbewegung einbrachten. So etwa bestand das erste Abzeichen des Verbandes der Jugendlichen Arbeiter aus zwei gekreuzten Hämmern. Der Hammer stand in der Folge v.a. für Energie und Aktivität.


Sonne 

Brüder, zur Sonne, zur Freiheit,
Brüder zum Lichte empor.
Hell aus dem dunklen Vergangenen
Leuchtet die Zukunft hervor. 

Text: Leonid P. Radin, 1897
Nachdichtung: Hermann Scherchen, 1918

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Wolfgang Ruppert, Universitätsprofessor für Kulturgeschichte, schrieb in einem Artikel, die aufgehende Sonne verdeutlichte einerseits einen Zeitbegriff, der auf die erhoffte "Neue Zeit", auf künftige Entwicklungen gerichtet war. Dieses Lichtsymbol trug die geschichtsphilosophische Erwartung auf einen neuen kommenden Abschnitt der Geschichte in sich, auf "Fortschritt". Andererseits aber ist die gelbe orange Sonne als Lebens spenderin auch Repräsentantin erhoffter Erfüllung einer besseren Existenz in glücklicheren Lebensumständen (...)  Die Zeit des Lichts galt als eine kommende Phase der Aufklärung und der entfalteten Persönlichkeit eines einzelnen Menschen.   

Die Sonne als Symbol zierte nicht nur Maiabzeichen und Maifestschriften, sondern auch Ankerbrot-Inserate in der Arbeiter-Zeitung oder das Abzeichen des Arbeiter-Abstinenten-Bundes. Die rote Nelke wurde oft mit dem Symbol der aufgehenden Sonne gleichgesetzt.


Links 

Die politische Unterscheidung in "links" und "rechts" geht auf die nachrevolutionäre französische Nationalversammlung zurück. Nachdem 1792 in Frankreich eine neue Verfassung beschlossen worden war, die die Prinzipien der Revolution in Gesetze fasste, wurde im darauffolgenden Jahr erstmals eine gesetzgebende Versammlung gewählt.

Die Sitzverteilung der einzelnen politischen Gruppierungen in dieser Nationalversammlung wurde prägend für die weltanschauliche Einordnung politischer Gruppen weltweit: Die Monarchisten saßen (zufällig) ganz rechts, die republikanischen Jakobiner, die mit den Verfechtern einer Wiederherstellung der Monarchie nichts zu tun haben wollten, nahmen die ganz links gelegenen Plätze ein.


Die Rote Nelke 

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Das Blumentragen bei Festlichkeiten war im 19. Jahrhundert ein weitverbreiteter Brauch, und die junge Arbeiterbewegung machte darin keine Ausnahme. Bereits 1879 berichtete die "Freiheit", dass anlässlich von Begräbnissen Nelken getragen wurden; allerdings scheint die Festlegung auf die rote Nelke erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfolgt zu sein, denn noch am 1. Mai 1890 wurden nicht nur Nelken, sondern auch Kastanienlaub und Maiglöckchen getragen. 1896 berichtet die Arbeiter-Zeitung, dass beim alljährlichen Märzgang erstmals rote Nelken an den Revers zu sehen waren.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die rote Nelke auch bei den großen Maifeiern in Wien regelmäßig getragen. Für die Stilisierung zur "Sozialistenblume" eignete sie sich v.a. durch ihre leuchtend rote Farbe und ihre relativ leichte Verfügbarkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg avancierte die rote Nelke endgültig zum deklarierten Abzeichen der Sozialdemokraten. Als künstliche Blume aus Seiden- oder Krepppapier in Heimarbeit hergestellt, war sie auch nach dem Zweiten Weltkrieg neben dem offiziellen Zeichen der "Drei Pfeile" omnipräsent und zierte zahlreiche Maiabzeichen der Zweiten Republik. Als Parteiblume hat die rote Nelke bis heute Gültigkeit.


Die drei Pfeile 

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Nachdem die Nationalsozialisten in den frühen 1920er Jahren das Hakenkreuz als Symbol in die Politik eingeführt hatten, überlegten die Sozialdemokraten die Schaffung eines eigenen "taktischen Zeichens" für die linke Arbeiterbewegung. Das Symbol der drei Pfeile geht wahrscheinlich auf den im deutschen Exil lebenden russischen Sozialdemokraten und Psychologieprofessor Sergej Tschachotin zurück, der es auf einer Sitzung des Propagandaausschusses der deutschen Sozialdemokraten im Jahre 1932 vorstellte.

Bald fanden die drei Pfeile, die den Kampf der Arbeiterbewegung gegen Faschismus, Klerikalismus und Kapitalismus (auch: Reaktion) symbolisieren, Eingang in andere sozialdemokratische Parteien.

Bereits am 8. August 1932 schlug Otto Felix Kanitz in der Sitzung des Parteivorstandes der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs vor, die drei Pfeile neben dem Parteiabzeichen als sozialistisches Kampfabzeichen zu tragen.

Der Vorschlag wurde angenommen und einige Tage später, am 14. August, rief die Arbeiter-Zeitung alle Genossinnen und Genossen auf, das neue Abzeichen zu verwenden. Dem Vorschlag, die drei Pfeile nach oben zu richten, wurde entgegnet, dass unsere Drei Pfeile ein Kampfabzeichen gegen Kapitalismus, Faschismus und Reaktion sind und jeder klassenbewusste Arbeiter hoch über dem bürgerlichen Sumpf hinausragt. Nachdem wir das zum Ausdruck bringen wollen, richten wir die Pfeilspitzen nach unten, da unser Feind nur in den Niederungen der Menschheit zu suchen ist. 

Die drei Pfeile wurden auch zum Zeichen der Revolutionären Sozialisten und selbst in den Zeiten brutalster Verfolgung zierten sie immer wieder illegale Flugschriften oder waren auf Hausmauern zu finden.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg, bei der Vereinigung von Revolutionären Sozialisten und Sozialdemokraten zur neuen SPÖ, wurden die drei Pfeile vom "Roten Ring der Einheit" umschlossen. Wir sehen also, schrieb die wiederbegründete Arbeiter-Zeitung am 15. September 1945, dass auch die Drei Pfeile bereits eine reiche Tradition aufweisen. Heute sind sie das Kampfabzeichen unserer Sozialdemokratischen Partei, der industriellen, landwirtschaftlichen und geistigen Arbeiter, die durch den roten Ring zur politischen Einheit der Partei zusammengeschlossen werden.

Literatur: Wolfgang Ruppert, Die Arbeiter, 1986; Josef Seiter, Blutigrot und silbrig hell..., 1991.