Die Unzufriedene

D

Diese "unabhängige Wochenschrift für alle Frauen" wurde im Vorfeld der Nationalratswahlen 1923 von Max Winter und Paula Hons, die ab 1931 Winter als Herausgeberin nachfolgte, gegründet.

Im Einleitungsartikel zur ersten Ausgabe vom 22. September 1923 wurde das Programm der Zeitschrift folgendermaßen umrissen: Die Unzufriedene will [...] Sprachrohr und Führerin sein im Kampfe wider alles Unrecht, wider allen Unverstand, wider alle Rückständigkeit. In der Unzufriedenheit liegt der Fortschritt der Menschheit. Wenn die Frauen vorwärtskommen wollen, müssen auch sie unzufrieden sein.

Die_Unzufriedene_TF2_SPOE_Frauen

Im Verlag "Die Unzufriedene" erschienen zwischen 1925 und 1927 auch die sogenannten "Wiener Groschenbüchel", darunter – als letzte Ausgabe dieser losen Reihe – Adelheid Popps Autobiographie "Traurige Jugend" (1927). Ursprünglich als Agitationsmedium für den Wahlkampf gedacht, wurde "Die Unzufriedene" wegen des großen Erfolgs fortgeführt.
 
Die Zeitschrift, die den schwierigen Spagat zwischen politischer Aufklärung und Berichterstattung, Lebensberatung und Unterhaltung versuchte, kam einmal wöchentlich heraus und erreichte Anfang der 1930er Jahre eine Auflage von über 150.000 Stück.
 

Zum Erfolg der Unzufriedenen trugen zweifelsohne Modetipps – "Wie kleiden wir uns schön und billig?"–, Rezepte und Gesundheitsratgeber, vor allem aber das Leserinnenforum "Was sich Frauen von der Seele reden" bei. Das konsequente Duzen der Leserin sollte die weibliche Solidarität über alle Klassenschranken hinweg fördern.


Im Februar 1934 musste die Zeitschrift ihr Erscheinen vorübergehend einstellen. Bei ihrem Wiedererscheinen hatte sich die Blattlinie radikal geändert. Im Leitartikel war nun zu lesen: Was viele Männer noch nicht sehen wollen, haben Frauen heute schon ausgesprochen: die Sozialdemokratie ist geschlagen, niedergeworfen; es gilt, aus dieser Niederlage die Folgerungen zu ziehen und sich in der neuen Welt der Tatsachen zurechtzufinden und – was das Wichtigste ist – in dieser Welt von den alten Werten, die die Arbeiterschaft mit ihren Frauen geschaffen hat, zu retten, was noch zu retten ist.

Gleichzeitig wurde ein Preisausschreiben für eine neue Namensfindung angekündigt: Ein neuer Abschnitt der Geschichte unserer Heimat hat begonnen. [...] Der Arbeiter und die Arbeiterin dürfen heute nicht mehr in schroffer Ablehnung zum Staate, aber sie sollen auch nicht teilnahmslos und kritiklos abseits stehen, wenn im Staate um neue Formen gerungen wird.

Mit 1. Juli 1934 änderte sich folgerichtig auch der Titel der Zeitschrift in "Das kleine Frauenblatt: eine unabhängige Wochenschrift für alle Frauen"; unter diesem Titel erschien das Blatt bis 1944.

In der ersten Ausgabe nach der Namensänderung hieß es: Natürlich drückt sich aber in der Namensänderung auch die neue Stellung zum Staate aus, die auch die arbeitende Frau heute bezogen hat. [...] Vor dem Februar stand die Frau in scharfer Opposition zum Staat. Der Februar hat eine entscheidende Wendung gebracht. [...] Auch die Frau muß heute eine positive Einstellung zu dem Staate nehmen, denn es ist auch unser Staat, wir leben in diesem Staat und es kann keiner Frau gleichgültig sein, wie der neue Staat, der da im Entstehen begriffen ist, aussehen soll. 

In den Jahren 1935, 1936 und 1938 verbreitete die illegale KPÖ ein – natürlich ebenfalls illegales – Periodikum mit dem Titel "Die Unzufriedene".

2017/18 zeigt der Waschsalon Karl-Marx-Hof unter dem Titel "Presse und Proletariat" eine Sonderausstellung über die Sozialdemokratischen Zeitungen im Roten Wien.

Literatur: Renate Billeth, Die Ambivalenz im Frauenbild in der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift "Die Unzufriedene", 2003.