Böhmischer Prater

10., Laaer Wald

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Im 19. Jahrhundert verbrachten die Arbeiter ihre ohnedies karge Freizeit zumeist in GasthäuTF_BoehmischerPrater_um1910_SPOE_Buechersern. Daneben stellten Ausflüge und Spaziergänge die einzigen Vergnügungen dar. Eines der beliebtesten Ausflugsziele war seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Laaer Wald, der vom Zentrum des 1874 eingemeindeten Bezirks Favoriten zu Fuß in etwa 15 Minuten zu erreichen war.

 
Franz Bauer, ein Kantinenwirt des Ziegelwerks Laaer Wald, führte hier eine kleine Gastwirtschaft, die sich bald zu einem beliebten Zielpunkt für die Sonntagsausflüge der sogenannten "Ziegelböhm", der hauptsächlich aus Böhmen und Mähren stammenden Arbeiter der Wienerberger Ziegelwerke, entwickelte. 1882 suchte Franz Bauer um die Erlaubnis an, neben seinem Gasthaus "erlaubte Spiele" veranstalten zu dürfen und stellte eine Schaukel und ein Ringelspiel auf.
 
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Nur wenige Wochen später eröffnete Anton Swoboda, ein Wirt aus dem Wiener Prater, ein weiteres Ausflugsgasthaus am Laaer Berg. Bald darauf "explodierten" die Ansuchen für die Errichtung von weiteren Wirtshäusern, Kegelbahnen, Kettenkarrussellen, Ringelspielen, Wurfbuden und Tanzsälen.

1884 hatten sich im Laaer Wald bereits 20 Gaststätten und zahlreiche Schausteller angesiedelt, die den Grundstock des "kleinen" Praters bildeten, der aufgrund der Herkunft seiner Besucher bald den Namen "Tschechischer" oder "Böhmischer Prater" erhielt, und sich rasch zum bedeutendsten Vergnügungsort der Favoritner und Simmeringer Bevölkerung entwickelte.
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Als 1886 durch ein Polizeigesetz Tanzveranstaltungen in Wien vorübergehend untersagt wurden, war der Böhmische Prater, der zur Gemeinde Ober-Laa gehörte, von diesem Verbot nicht betroffen und wurde noch populärer – und zusehends auch politischer.

Bereits 1890 fand im Anschluss an die politischen Versammlungen am 1. Mai im Böhmischen Prater eine große Feier statt.

Nach dem Niedergang infolge des Ersten Weltkriegs konnte ein geregelter Unterhaltungsbetrieb im Böhmischen Prater erst wieder gegen Ende der 1920er Jahre aufgenommen werden. Zum neuerlichen Aufschwung des Böhmischen Praters trugen nun auch die nahegelegenen Ziegelteiche bei.

TF_Ringelspiel_media_wienDer Zweite Weltkrieg brachte beinahe das völlige Aus: Am 11. Dezember 1944 legten Brandbomben den Böhmischen Prater in Schutt und Asche. Nur zwei Karussells überstanden den Krieg.

Nach 1945 konnte der Böhmische Prater nie mehr an die Popularität der 1920er und 1930er Jahre anschließen. Ab den 1960er Jahren geriet er nahezu in Vergessenheit, und erst in den ausgehenden 1970er Jahren kam es zu einer Art von nostalgischer Renaissance und einem neuen Aufschwung des Böhmischen Praters.

Durch den Ankauf des gesamten Areals durch die Stadt Wien im Jahr 1986 konnte der Weiterbestand des Böhmischen Praters schließlich sichergestellt werden.

Literatur: Karl Pufler, Wo der Ziegelböhm tanzte ..., 1999; Wolfgang Slapansky, Der böhmische Prater, 1991; ders., Das kleine Vergnügen an der Peripherie, 1992.