Hasenleiten

11., Hasenleitengasse

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Im Januar 1915 wurden hier Baracken für ein Kriegslazarett errichtet. Nach dem Ersten Weltkrieg als provisorische Wohnsiedlung adaptiert, entstanden zunächst 136 Wohnungen in acht Baracken, später kamen noch weitere hinzu. 1935 wohnten in diesen Notquartieren auf der Hasenleiten etwa 3.500 Menschen, davon nahezu 2.000 Kinder. Von 722 Familienvätern besaßen nur 52 ein geregeltes Einkommen, die meisten anderen hatten nicht einmal mehr Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung – sie waren "ausgesteuert".

Eine höchst unrühmliche Rolle spielte die Hasenleiten in der NS-Zeit. 1938 fiel die Siedlung den Nationalsozialisten als Übergangslösung für die zwangsausquartierten Juden ins Auge. Die bisherigen Bewohner der Barackensiedlung wurden aus- und Juden einquartiert. Im Oktober 1938 gab es bereits keine freien Barackenwohnungen mehr – u.a. auch deshalb, weil zahlreiche Häuser geschliffen worden waren, um Neubauten errichten zu können. Die nach Hasenleiten umgesiedelten jüdischen Familien lebten hier in großer Not. Unterstützung erhielten sie nur durch kleine Spenden der Israelitischen Kultusgemeinde.

Die Fürsorge-Zentrale der Kultusgemeinde kam nach einer Erhebung der Lebensumstände in der Siedlung zu folgendem Schluss: Eine Anzahl jüdischer Familien wurden nach den Delogierungen aus Gemeindebauten in den Simmeringer Baracken untergebracht, die sich, wie wir erfahren, in vollkommen unbewohnbarem Zustand befinden. So fehlen unter anderem Fenster samt Rahmen, Türen, Schlösser, und die sanitären Anlagen sind unbenützbar. Auch die Ungezieferplage ist unerträglich. Da bei kalter Witterung ein Weiterverbleiben dieser Familien in den Baracken fast ausgeschlossen ist, wird gebeten, ein Mindestmaß an Wohnlichkeit zu ermöglichen. Es ist äußerst dringend, die Baracken in bewohnbaren Zustand zu setzen oder den Familien andere Wohnungen zuzuweisen. 

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Diese Bitte blieb freilich ungehört. Nach dem Novemberpogrom wurden einige der Bewohner in das KZ-Dachau deportiert. Einzelnen jüdischen Bewohnern gelang es noch bis 1943, in der Hasenleiten zu überleben. Im November 1943 meldete der zuständige Hausinspektor Kreci seiner Dienststelle: Jüdische Mieter gibt es keine mehr im Barackenlager.

Die heutige Wohnhausanlage in der Hasenleiten wurde nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet. Der 1950 vollendete Bau umfasst drei U-förmige, gegen die Ostbahn offene Baublöcke. Die parallel zur Aspangbahn angeordneten Längstrakte sind dreigeschossig, die parallel zur Ostbahn liegenden Quertrakte zweigeschossig. Die Anlage besteht aus 28 Häusern und umfasst insgesamt 168 Wohnungen.