Je verfälschter Menschen und Dinge geworden sind, desto mehr wird Echtheit bald wo eingeschmuggelt. Das reicht vom echten Bienenhonig bis zum echten Anliegen, vom echten Perser bis zur echten Liebe. Von der echten Lüge zur echten Wahrheit. Hier ist Misstrauen gerechtfertigt; Echtfertigung ist einzusparen. Wirklich echt und echt wirklich verbergen einen Schwindel.
Als Sohn eines Gerichtsdieners und eines Dienstmädchens wuchs Viktor Matejka in ärmlichen Verhältnissen auf. Besessen von Bildung bezahlte er die Gebühr für die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium von seinem Ministrantengeld, legte die Matura mit Auszeichnung ab und studierte an der Wiener Universität Geschichte und Geographie. Über seinen Doktorvater Ludo Moritz Hartmann stieß Matejka zur Volksbildung.
Nach dem Studium arbeitete Matejka bei verschiedenen Zeitschriften und warnte bereits 1932 vor einem künftigen Krieg. 1934 wurde der Volksfront-Anhänger Matejka Bildungsreferent der Wiener Abeiterkammer – in dieser Funktion organisierte er z.B. im Sommer 1935 im Wiener Arbeiterstrandbad Lesungen von Arbeiterschriftstellern wie etwa Benedikt Fantner – und schloss sich der "Weltvereinigung für den Frieden" an.
Nach dem "Anschluss" Österreichs wurde Matejka verhaftet und mit dem "Prominententransport" am 1. April 1938 ins KZ-Dachau gebracht, wo er bald die Häftlingsbücherei betreute und seine subversiven "Pickbücher" im Lager verbreitete: eine Sammlung von Zeitungsausschnitten, mit Hitlerreden und Heeresberichten, Artikeln über Kunst, Literatur, Musik und Philosophie, säuberlich ausgeschnitten, geordnet und zu Themengruppen archiviert. Später wurde Matejka sogar Sekretär des SS-Schulungsleiters Rieth, ein Naheverhältnis, für das er sich nach dem Krieg immer wieder rechtfertigen musste.
Im Juli 1944 wurde Matejka aus der KZ-Haft entlassen. Nach der Befreiung Wiens trat er der KPÖ bei und wurde bereits am 20. April 1945 Stadtrat für Kultur und Volksbildung. Für die KPÖ war Matejka ein intellektuelles Aushängeschild und genoss deshalb gewisse "Narrenfreiheiten". Matejka setzte sich sehr für den Wiederaufbau des Wiener Kulturlebens und für die Rückholung prominenter Wiener Intellektueller aus dem Exil ein.
1949 legte Matejka sein Amt als Stadtrat nieder; es dauerte allerdings noch bis 1957, bis er sich aus dem Zentralkomitee der Wiener KPÖ zurückzog, und bis 1966, dass er aus der Kommunistischen Partei austrat.
Seit 1998 erinnert die Viktor-Matejka-Stiege in Mariahilf an ihn.
Werk: Widerstand ist alles. Notizen eines Unorthodoxen, 1983; Anregung ist alles. Das Buch Nr. 2, 1991; Das Buch Nr. 3, Hrsg. Peter Huemer, 1993.
Literatur: Franz Richard Reiter (Hrsg.), Wer war Viktor Matejka? Dokumente – Berichte – Analysen, 1994; "Volksbildung mach ich wo immer..." Viktor Matejka, 1901-1993. Beiträge und Dokumente zum österreichischen Humanisten, Kulturpolitiker, Publizisten, Büchermenschen, Volksbildner und Zeitzeugen Viktor Matejka, 2007.